Jenseits der Strände: Kretas Delikatessen
11. August 2017Seit den 1970er-Jahren ist nicht mehr die Landwirtschaft, sondern der Tourismus die Haupteinnahmequelle Kretas.
Die meisten Touristen kommen heute als Pauschalreisende auf die griechische Insel, angelockt von den schönen Stränden. Neugierige Besucher nehmen vielleicht auch noch ein bisschen von der Geschichte Kretas wahr. Knossos ist die berühmteste archäologische Stätte der Insel. Es wird auch "Europas älteste Stadt'" genannt.
In der Nähe liegt die Ausgrabungsstätte Vathypetro. Dort beweisen einige der ältesten Weinpressen der Welt und andere Hinterlassenschaften, dass auf Kreta seit Jahrtausenden Olivenöl und Wein produziert werden. Bis heute halten einige Kleinbauern mit Stolz an diesen kretischen Traditionen fest.
Denn trotz der Dominanz des Tourismus spielen der Weinanbau und die Olivenhaine auf der Insel immer noch eine wichtige wirtschaftliche Rolle.
Wo Tradition zu Erneuerung führt
Der Weinanbau hat auch im Kloster St. Georg Apanosifis eine jahrhundertealte Tradition. Ruhig gelegen in den Hügeln über Heraklion, der größten Stadt der Insel, haben die Mönche hier den typischen Ausblick auf die kretische Landschaft - eine Mischung aus Weinbergen und Feldern mit Olivenbäumen.
Athinagoras ist einer der Mönche, die dem Kloster St. Georg Apanosifis angehören, und hat einen eher untypischen Werdegang: Er hat einen Doktor in Quantenphysik an der amerikanischen Stanford Universität gemacht und war Professor in Kalifornien, bevor er sich entschied, Mönch zu werden und in seine Heimat zurückzukehren.
Das kalifornische Bewusstsein für Bio-Lebensmittel beeinflusste Athinagoras bei seiner Entscheidung für das Kloster: "Die Bruderschaft hier ist sehr weltoffen und hat gleichzeitig Respekt vor den Traditionen. Für mich sind das gute Grundlagen, um die Mentalität in Kreta zu verändern."
Zurück zum ursprünglichen Geschmack Kretas
Während Bio in einigen Ländern der Welt ein etablierter Trend sind, sieht das auf Kreta ganz anders aus.
Obwohl es traditionelle Methoden gibt, mit denen die Bauern arbeiten können, wurden in den letzten Jahrzehnten Probleme meist mit Pestiziden gelöst', erklärt der Mönch.
Auch der Weinberg des Klosters ist nicht vollständig frei von Pestiziden. Aber als Manager des Klosters wirbt Athinagoras für Respekt für die Umwelt. Für ihn ist das die einzige Möglichkeit auf Dauer zu überleben. Er ist froh, dass andere auf Kreta auch auf dieses Ziel hinarbeiten.
Auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Tourismus
Ein anderes Vorhaben mit ähnlichen Zielen ist auf Kreta zurzeit im Aufbau: "Taste Crete'', ein Projekt der TUI Care Foundation und der Nachhaltigkeitsinitiative Futouris. Es unterstützt die Wein- und Olivenölproduzenten dabei, nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben und bessere Kontakte zu den großen Hotelbesitzern herzustellen.
Derzeit müssen viele Hotelketten ihr Olivenöl aus Athen importieren, während die lokalen Bauern Schwierigkeiten haben, ihrer Produkte in großen Mengen zu vertreiben. Durch die Organisation in Genossenschaften haben die kleinen Produzenten bessere Chancen beim Vertrieb.
Das Interesse am Projekt ist größer als erwartet: "Wir dachten anfänglich, dass 26 Landwirte teilnehmen würden, aber nun sind es bereits mehr als 100 lokale Betriebe", sagt Thomas Ellerbeck, Vorsitzender des Kuratoriums der TUI Care Foundation.
Weinprobe in den Weinbergen
Nicht nur die Vertriebsnetze zwischen Hotels und Landwirten sollen sich verbessern. Es soll auch nachhaltige Weinexkursionen für kleine Gruppen geben, um die lokalen kretischen Weine bekannter zu machen. "Viele Leute sind von unseren lokalen Weinen positiv überrascht", sagte Maria Valerga, Projektpartnerin und Leitende Beraterin für Nachhaltigkeit und Lebensmittelsicherheit im Tourismus für das Unternehmen Local Food Experts.
Tatsächlich haben lokale Weine, die man auf Kreta entdecken kann, nichts mit dem bekannten griechischen Weißwein - dem Retsina - gemein, der mit Harz versetzt wird.
Eine der Stationen der geplanten Weinexkursionen ist das Lyrarakis Weingut. Dort kann man durch die Weinberge spazieren und verschiedene Weine probieren. Gleichzeitig können die Besucher mehr über die Besonderheiten des kretischen Weins erfahren - direkt von den Mitarbeiten. "Unsere Gäste wünschen sich eine persönliche Kommunikation mit den Weinbauern. Sie wollen deren Geschichten hören", sagte Maria Valerga.
Rettung von gefährdeten Traubenarten
Seit 1966 produziert die Lyrarakis-Familie Wein. Vor kurzem hat sie sich auf seltene lokale Sorten spezialisiert. "Lange war es Trend, sich auf internationale Trauben wie Sauvignon und Chardonnay zu konzentrieren, darum gab es kaum mehr lokale Sorten", erklärt Bart Lyrarakis, Geschäftsführer des Weinguts. Die Familie arbeitet nun mit verschiedenen alten kretischen Trauben, die vom Aussterben bedroht waren. Mit den weißen Sorten Plyto und Dafni produzieren sie preisgekrönte Weine.
Es braucht noch viel Vermarktung, bis Hotels und Touristen Weine aus Kretas sieben heimischen Traubensorten kaufen. Aber abgesehen von der Förderung der lokalen Wirtschaft gibt es noch andere Argumente für den Anbau dieser lokalen Sorten: "Kretische Sorten haben einfach bessere Chancen in großer Hitze zu überleben", erklärt Kostos Bouyouris, der Generalsekretär von Local Food Experts.
Die lokalen Weine passen außerdem gut zu den kulinarischen Spezialitäten der Insel. Etwa zu den kretischen "Mezze". Das sind kleine Gerichte, die man sich traditionell als Vorspeise teilt. Zu den "Mezze" gehören Delikatessen wie gefüllte Zucchini-Blüten oder Dakos, ofen-getrocknete Gerstenbrotchips mit reifen gerösteten Tomaten, kretischem Mizithra-Käse und Olivenöl.
Dazu ein passender lokaler Wein aus Kreta - und man kommt dem kulinarischem Paradies sehr nah.