Jemen vor schweren Zeiten
20. August 2016Gerade in Sanaa der Hauptstadt wird der Riss, der durch das Land geht, offensichtlich. So demonstrierten Zehntausende Menschen (Artikelbild) in der Metropole des arabischen Landes für einen von den aufständischen Huthi-Rebellen gebildeten Regierungsrat. Sie schwenkten jemenitische Fahnen und riefen Slogans zur Unterstützung des zehnköpfigen Gremiums, das von den Huthis vergangenen Monat eingesetzt wurde. Ihr Vorsitzender, Saleh al-Samad, sagte vor der Menschenmenge, der Rat werde in den nächsten Tagen über eine neue Regierung bestimmen.
Dies würde die Aussichten auf Frieden in dem Bürgerkriegsland nach zuletzt gescheiterten Verhandlungen weiter eintrüben. Die Huthis kontrollieren weite Teile im Norden des Landes. Die Demonstranten in Sanaa protestierten auch gegen die Luftangriffe der saudisch geführten Militärkoalition, die die international anerkannte Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi unterstützt und Stellungen der Huthis seit März 2015 bombardiert. Bei den Angriffen, die auch Hochzeitsgesellschaften und Krankenhäuser trafen, wurden viele Zivilisten getötet.
Unterdessen hat auch die US-Armee die Zahl ihrer Militärberater bei der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Land reduziert. Von Seiten Saudi-Arabiens habe es nicht so viele Anfragen um Unterstützung gegeben, sagte ein US-Armeesprecher. Aus Rücksicht auf die personellen Ressourcen der US-Marine sei die Zahl der Berater daher im Juni auf weniger als fünf verringert worden. Phasenweise waren rund 45 US-Militärberater in Bahrain und Saudi-Arabien im Einsatz.
Kritische Militäraktionen
Wegen der hohen Zahl ziviler Opfer bei Luftangriffen der Koalition im Jemen wird Saudi-Arabien immer wieder von Menschenrechtlern kritisiert. US-Vertreter forderten ihren saudischen Verbündeten wiederholt auf, zivile Opfer bei Militäraktionen gegen die Huthi-Rebellen im Jemen zu vermeiden.
Auch Hilfsorganisationen wie "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) haben sich aus dem Jemen zurück gezogen. Auslöser war der tödliche Luftangriff auf ein Krankenhaus. Das Personal aus sechs Krankenhäusern werde in Sicherheit gebracht, teilte die Organisation mit. Als Grund wurden willkürliche Bombardements und die Unzuverlässigkeit des saudisch geführten Militärbündnisses angeführt.
Dialog mit Medizinern
Inzwischen sucht die arabische Militärallianz das Gespräch mit der Hilfsorganisation. Die staatliche saudische Nachrichtenagentur Spa berichtete, die Allianz wolle ein dringendes Treffen mit MSF abhalten, um eine gemeinsame Lösung zu finden. "Wir sind bereit, mit ihnen zu sprechen", sagte die Chefin der MSF-Einsätze, Isabelle Defourny. Defourny beklagte aber einen Vertrauensverlust. Es habe bereits zwei Treffen mit der Koalition im Februar und im Juli gegeben. Das Bündnis spreche nach den Bombardierungen von Fehlern. "Wir unterbrechen unsere Aktivitäten. Wir haben einen Punkt erreicht, wo wir nicht mehr sehen, wie wir die humanitäre Hilfe in diesen bombardierten Regionen weiterführen können", sagte Defourny.
In den vom Personalabzug betroffenen Kliniken sollen MSF zufolge Patienten nun allein von Staatsbediensteten und freiwilligen Helfern versorgt werden. Die Vereinten Nationen und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatten den Angriff scharf verurteilt. Der Jemen im Süden der Arabischen Halbinsel gehört zu den ärmsten Ländern der arabischen Welt. Vier Fünftel der gut 26 Millionen Einwohner sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Millionen sind ohne sauberes Trinkwasser und ausreichende medizinische Versorgung. Seit März 2015 unterstützt Saudi-Arabien mit seinen Verbündeten den international anerkannten jemenitischen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi mit Luftangriffen im Kampf gegen die Huthi-Rebellen. Friedensgespräche waren zuletzt gescheitert.
cgn/mak (afp, dpa)