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Okocha erwartet, "dass Nigeria triumphiert"

Krestin Harrington
21. Juni 2019

Nigeria hat in den 90er Jahren eine Entwicklung gemacht, aber es versäumt, eine goldene Ära zu prägen. Vor dem Afrika Cup sprach Jay-Jay Okocha im DW-Interview über seine großen Zeiten als Aktiver und das aktuelle Team.

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Nigeria 2005 | Fußball-Nationalmannschaft, Jay Jay Okocha
Bild: Getty Images/B. Radford

DW: Nigeria wurde nach dem Gewinn der Goldmedaille bei den olympischen Sommerspielen in Atlanta 1996 zum "Dream Team" ernannt. Was aber ist nach diesem großen Erfolg passiert?

Jay-Jay Okocha: Niemand hatte erwartet, dass wir so eine gute Leistung zeigen können. Unsere Vorbereitung war nicht gerade optimal. Aber wir Spieler haben uns vorgenommen, eng zusammen zu rücken und zu schauen, wie wir möglichst weit kommen können. Und dann haben wir glücklicherweise sogar das Turnier gewonnen und waren und sind so etwas wie Helden in Nigeria. Wir werden seitdem behandelt wie Präsidenten. Wir haben den größten Empfang bekommen, den man sich vorstellen kann. Danach lag der Druck auf der nächsten Generation, diesen Erfolg zu wiederholen. Aber sie sind daran gescheitert.

Die "Super-Adler" verpassten zuletzt zwei Afrika-Cup-Teilnahmen, sind nun aber wieder qualifiziert. Es gibt sehr viele Hochs und Tiefs. Weshalb hat der nigerianische Fußball nie mehr das Niveau erreicht, das Ihre Generation hatte?

Trumpft Nigeria beim Afrika Cup groß auf?

Ich glaube, dass wir unsere Mentalität ein wenig ändern müssen. Wir haben nur daran geglaubt, dass alleine unser Talent ausreicht, um dort wieder hinzukommen. Aber unser Talent ist nicht groß genug um uns solche Erfolge zu bescheren, um wieder eine Weltmacht im Fußball zu sein. Wir haben es nur vereinzelt geschafft, erfolgreich zu sein. Es gab keine Kontinuität. Und für mich existiert auch eine Fehlplanung. Wenn man nicht an die Zukunft denkt und diese plant, wird man scheitern. Man muss investieren, um im Fußball langfristig erfolgreich zu sein. Das Talent kann dich bis zu einem gewissen Level bringen. Aber am Ende wird man darunter leiden, dass man nicht alle Dinge hat, um den Weg ganz zu Ende zu gehen.

Sie haben mehrere Jahre im Ausland gespielt. Sie waren in Deutschland, der Türkei und in England. Wie würden Sie die Fußball-Infrastruktur in Übersee mit der in Nigeria vergleichen?

Nachdem ich die Gelegenheit hatte, lange Zeit in Europa zu spielen, hatte ich erwartet, dass wir nachahmen, was in diesem Teil der Welt gemacht wird. Man kann keinen guten Fußball ohne einen guten Trainingsplatz spielen. Wir brauchen eine Infrastruktur. Wir müssen auch eine gute Jugendarbeit etablieren und finanzieren. Und das ist in Nigeria leider nicht passiert. Ich kann Deutschland als gutes Beispiel nennen. Dort wurde über eine Milliarde Euro in die Jugendarbeit gesteckt. Wie sollen wir uns damit vergleichen? Fußball bedeutet Geld, das wissen wir alle, daran gibt es keine Zweifel. Aber die hiesigen Funktionäre sind nicht daran interessiert, größere Investitionen in den Fußball zu machen. Deshalb bin ich nach Hause zurückgekommen und möchte die Dinge ändern. Ich habe in Fußballplätze investiert und möchte andere Leute ermutigen, dasselbe zu tun.

Nigerias Angreifer Ahmed Musa in Aktion
Okocha erwartet, dass Nigeria den Titel holt: Hier führt Nigerias Angreifer Ahmed Musa den BallBild: Getty Images/AFP/I. Kington

Obwohl Nigeria keine Milliarden in das Jugendsystem investiert hat, spielte das Nationalteam bei der WM in Russland besser, als es viele erwartet hätten …

Gut für uns ist, dass wir viele Spieler im Ausland haben. Das ist der Grund, warum wir gute Leistungen zeigen können mit der Nationalmannschaft. Wir verlassen uns nicht auf die Spieler, die hier vor Ort sind. Wenn man an die Ligaspiele hierzulande denkt, dann haben wir noch einen weiten Weg zu gehen. Eines der Probleme ist, dass die meisten Klubs der Regierung gehören und ihre Budgets einfach nicht ausreichen, um eine wettbewerbsfähige Liga zu führen. Das führt dazu, dass talentierte Spieler ins Ausland gehen, um die technischen Grundlagen zu erlernen - und in vielen Fällen dann auch ein erfolgreiches Level erreichen. Diese ganzen Erfahrungen aus den verschiedenen Ligen werden hier zusammengebracht und die Spieler sind dann dazu in der Lage, dem Nationalteam zu helfen.

Alex Iwobi vom FC Arsenal ist einer dieser Spieler, die Erfahrungen im Ausland sammeln und hoffen, dass die Super Eagles beim Africa Cup in Ägypten erfolgreich sind. Er ist auch Ihr Neffe …

Fußballprofi Alex Iwobi vom FC Arsenal im Porträt (Foto: picture-alliance/NurPhoto/J. Hobley)
Alex Iwobi vom FC Arsenal sol Nigeria zum Titel führenBild: picture-alliance/NurPhoto/J. Hobley

Er ist wie ein Sohn für mich. Ich bin sehr stolz auf seine Entwicklung. Ja, es kann helfen, wenn man einen Onkel hat, der selbst Fußballer war. Aber er hat alles verdient, was er sich erarbeitet hat. Was den Afrika Cup angeht, glaube ich, dass wir weit kommen können. Wir haben uns in den vergangenen Jahren entwickelt. Es gibt jetzt einen Grad an Stabilität. Trainer Gernot Rohr kennt sein Team mittlerweile gut, er ist seit 2016 im Amt. Er weiß, dass die Erwartungen hoch sind und dass es nicht einfach wird. Die Vorbereitung ist der Schlüssel und dann muss die Denkweise vor solch einem Turnier klar sein: Es ist wichtig für die Spieler, dass sie daran glauben, dass sie das Turnier gewinnen können. Das ist auch das, was Nigeria von ihnen erwartet. Und das betrifft auch mich: Ich erwarte, dass Nigeria am Ende triumphiert.

Das Interview führte Kres Harrington

Augustine Azuka "Jay-Jay" Okocha wurde am 14. August 1973 geboren und war nigerianischer Fußballprofi. Okocha war offensiver Mittelfeldspieler oder Stürmer. Bekannt war er für seine gute Technik, seine Dribblings, seine Kreativität. Okocha gilt als der beste nigerianische und einer der besten afrikanischen Fußballer aller Zeiten. Er hat 73 Länderspiele für Nigeria absolviert. Okocha gewann 1996 bei den Olympischen Sommerspielen Gold und 1994 den Afrika Cup mit seinem Land. Okocha spielte in seinen 18 Jahren als Profi unter anderem in Frankfurt, Paris und bei Fenerbahce Istanbul.