IWF: Deutschland muss mehr investieren
9. Mai 2016Der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert Deutschland zu weiteren Strukturreformen und mehr Investitionen auf. "Es sind verstärkte Anstrengungen erforderlich, um die Bedürfnisse der öffentlichen Infrastruktur zu bewältigen", erklärte der IWF anlässlich seiner jährlichen Konsultationen mit der Bundesregierung. "Da die öffentlichen Investitionen viele Jahre niedrig waren, vor allem auf kommunaler Ebene, haben die Kapazitäten für die Planung und Durchführung neuer Projekte gelitten." Die niedrigen Investitionen seien teilweise auch auf die "bescheidenen mittelfristigen Wachstumsaussichten" zurückzuführen.
Um das Wachstumspotential zu erhöhen, müsse Deutschland außerdem strukturelle Reformen verstärken, erklärte der IWF in seinem am Montag in Berlin veröffentlichten Deutschland-Bericht. Mittelfristig sinke das Wachstumspotential aufgrund der alternden Bevölkerung.
Zu solchen Reformen gehöre beispielsweise Engpässe in den Verwaltungen abzubauen und Maßnahmen zu ergreifen, um mehr Frauen, Flüchtlinge und ältere Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt zu bringen. Der IWF spricht sich zudem für ein späteres Renteneintrittsalter aus. Es wäre hilfreich, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln.
Im Finanzbereich müsse die neue Aufsichts- und Regulierungsarchitektur vervollständigt werden und die Übergangsrisiken bei diesem Prozess müssten unter Kontrolle gehalten werden, hieß es weiter.
Würde Deutschland seine Reformen vorantreiben, würde auch die Wirtschaft der Eurozone profitieren, so der Fonds. In diesem Jahr geht der IWF von einem moderaten Wachstum in Deutschland aus. Erst im April hatte die Organisation die Wachstumsprognose für 2016 korrigiert von 1,7 auf 1,5 Prozent. Auch für das kommende Jahr wurde die Vorhersage von 1,7 auf 1,6 Prozent reduziert. "Was die Prognose angeht, würde ich sagen, sind wir im Grunde genommen auf Kurs", sagte die IWF-Missionschefin für Deutschland Enrica Detragiache in Berlin. Sie sprach dann aber von "ein bisschen mehr" Optimismus, als noch in der IWF-Prognose vom April deutlich wird.
Artikel-IV-Konsultationen
Der IWF führt mit den Mitgliedsländern jährliche Konsultationen durch. Die Grundsätze dafür sind in Artikel IV des Übereinkommens über den IWF festgelegt. Diese Konsultationen beschäftigen sich unter anderem mit der Finanz- und Geldpolitik, der Zahlungsbilanz, der Auslandsverschuldung. Es wird untersucht wie sich die Politik des Mitgliedslandes auf die Zahlungsbilanz auswirkt und auf internationalen und regionalen Strukturen. Außerdem werden potentieller Schwächen ermittelt. Angesichts der steigenden globalen Integration der Finanzmärkte berücksichtigt der IWF Fragen der Kapitalverkehrsbilanz sowie des Finanz- und Bankensektors ausdrücklicher.
Die Bundesbank nimmt gemeinsam mit dem Bundesministerium der Finanzen die Rechte und Pflichten Deutschlands im IWF wahr. Sie kooperiert mit dem IWF bei dessen Überwachung der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik im Rahmen der Artikel-IV-Konsultationen.
Die Konsultationen finden ihren Abschluss mit der Erörterung des endgültigen, von der Geschäftsführung des IWF gebilligten Berichts durch das Exekutivdirektorium des IWF.
iw/ul (rtr, dpa, IWF)