Ivan Lendl und Alexander Zverev trennen sich
26. Juli 2019Fangen wir mit dem Positiven an: Beim ATP-Turnier am Hamburger Rothenbaum wird Alexander Zverev gerade von den Tennis-Fans gefeiert. Gegen den Serben Filip Krajinovic hat er am Freitag trotz miserablen Beginns die Chance genutzt, ins Halbfinale des Wettbewerbs einzuziehen: 2:6, 7:5, 6:2 lautete das Ergebnis. Hamburg ist Zverevs Geburtsstadt, insofern haben Erfolge hier für ihn schon eine besondere Bedeutung, auch wenn er längst in Monte Carlo residiert. Erfolge, die Zverev in diesem Jahr bei den Grand Slam-Turnieren in Melbourne, Paris und Wimbledon nicht erzielen konnte. Denn da zählt es wirklich.
Dem Coach auf die Füße getreten
Dafür hat der 22-Jährige zuletzt mit Themen auf sich aufmerksam gemacht, die nur mittelbar mit sportlichem Erfolg oder Misserfolg zu tun haben. Die jüngste Meldung: Ivan Lendl ist nicht mehr Coach des deutschen Topspielers. Nach übereinstimmenden Berichten der Online-Portale tennisworldusa.org und tennis.com beendete der achtmalige Grand-Slam-Sieger Lendl die Zusammenarbeit mit dem Hamburger. Eine Art Return, denn der Spieler war dem Coach zuletzt ziemlich auf die Füße getreten.
Zu Beginn der Europa-Saison im April war Lendl an der Seite von Zverev vermisst worden. Eine Allergie hinderte den in Connecticut lebenden Lendl angeblich, die Reise anzutreten. Anders dann in London: In Wimbledon war der Trainer vor Ort, musste allerdings nicht lange bleiben: Bekanntlich durfte sein Schützling schon nach der Erstrunden-Niederlage gegen Jiri Vesely abreisen. Das tat er aber nicht, ohne mit seinem Star-Trainer noch ein ernstes Wort gesprochen zu haben.
Von Hunden und Golfbällen
"Manchmal gehen wir auf den Tennisplatz, du trainierst zwei Stunden lang, und eine halbe Stunde davon steht er mit dem Rücken zu mir und erzählt, wie er am Morgen davor Golf gespielt hat", berichtete Zverev nun in Hamburg. Zudem habe Lendl einen neuen Hund, dem er viel Zeit widme. "Ich habe ihm gesagt, dass er seinen Fokus mehr auf Tennis konzentrieren soll."
Nun hat Lendl in seiner Sportkarriere derart viele Erfolge erzielt, dass sein bereits in den Zeiten als Topspieler ausgeprägtes Selbstbewusstsein kaum dünner geworden sein dürfte. Als Coach führte er den bis dahin wankelmütigen Schotten Andy Murray zu drei Grand-Slam-Siegen und an die Spitze der Weltrangliste. Die Hunde- und Golfleidenschaft Lendls ist bekannt, von der Notwendigkeit, als Trainer noch Geld dazu verdienen zu müssen, hörte man weniger.
Eher väterlich
Und obwohl Zverevs Erklärung bei dem fünffachen Vater Lendl Groll ausgelöst haben dürfte, fiel die Erklärung des 59-Jährigen der US-Portale zufolge eher väterlich nachsichtig aus. "Ich glaube sehr an Sascha, der immer noch sehr jung ist. Ich denke, dass er eines Tages ein großartiger Spieler wird. Aber derzeit hat er einige Probleme außerhalb des Platzes, die es schwierig machen, auf eine Weise zu arbeiten, die meiner Philosophie entspricht", wird Lendl zitiert.
Einige Probleme außerhalb des Platzes: Damit spielt Lendl auf den Rechtsstreit an, den Zverev gerade mit seinem Ex-Manager Patricio Apey austrägt. Hier hatte der Spieler die Verbindung gekappt, und der von London aus agierende Sportmanager hatte kühl den Rechtsweg beschritten. Es dürfte um einen veritablen Millionenbetrag gehen. Wie meistens im Tennis-Business, mittlerweile.
Nun wird dem Vernehmen nach Alexander Zverev Senior wieder das Training seines hochbegabten Sohnes übernehmen. In London war der Vater nicht vor Ort, angeblich war der Draht zwischen ihm und Lendl nicht der beste.
Wenn es dann nach dem Hamburger Turnier in die USA geht, zur Vorbereitung auf die Ende August beginnenden US-Open, kann sich Zverev Junior ein weiteres Mal überlegen, wie er auf die wirkliche Top-Elite - bestehend aus dem Trio Novak Djokovic, Roger Federer und Rafael Nadal - aufschließen will. Denn das ist sein selbst formulierter Anspruch. Hilft die Rückkehr in den Familienbetrieb? Derzeit ist der Abstand weiter, als Zverev für ein gewonnenes Fünf-Satz-Match laufen müsste.