Hinrichtung in Duisburg
16. August 2007Zwei Ermittler aus Kalabrien sind in Duisburg eingetroffen, um die Polizei der Ruhrgebietsstadt bei der Aufklärung der Morde an sechs Italienern zu helfen. Polizeisprecher Reinhard Pape sagte am Donnerstag (16.8.07), die Behörde gehe dem Verdacht nach, dass es sich um ein Verbrechen der Mafia handele. Allerdings sei dies nur eine der Möglichkeiten, die geprüft würden.
Das italienische Innenministerium hatte am Vortag die Mafia-Kontakte der sechs in Duisburg getöteten Italiener bereits bestätigt. Die Bluttat sei die Folge eines Streits zwischen zwei kalabrischen Familien, sagte Innenminister Giuliano Amato im italienischen Fernsehen. Die Spur führe zur 'Ndrangheta, der kalabrischen Mafia. Es sei zu befürchten, dass die Morde in Duisburg weitere Gewalt nach sich zögen.
Von Kugeln durchsiebt
Die sechs Opfer waren Mitarbeiter und Inhaber der Pizzeria und hatten dort den Geburtstag eines 18-jährigen Auszubildenden gefeiert. Sie hatten das Lokal gerade verlassen und saßen in zwei Autos, als die Mörder - vermutlich zwei Männer - das Feuer eröffneten und die Wagen mit Pforzheimer und Duisburger Kennzeichen "mit einer Vielzahl von Kugeln" durchsiebten, wie die Polizei mitteilte.
Auch die Opfer wiesen "eine Vielzahl von Einschüssen auf", die Obduktion ihrer Leichen werde vermutlich mehrere Tage dauern. Ob die Killer mit Maschinenpistolen schossen, müssten nun die Untersuchungen der am Tatort entdeckten Kugeln und Geschosshülsen ergeben.
35 Milliarden Umsatz
Nach Polizeiangaben in Rom soll es sich bei den verfeindeten Mafia-Clans um die Familien Pelle-Romeo und Strangio-Nirta handeln. Beide Clans sollen der 'Ndrangheta, dem kalabrischen Arm der Mafia angehören, der mit einem geschätzten Jahresumsatz von 35 Milliarden Euro als eine der mächtigsten Mafia-Organisationen Europas gilt. Als Spezialgebiet der 'Ndrangheta gilt der Kokainhandel. Inoffiziellen Angaben italienischer Ermittler zufolge besteht die 'Ndrangheta aus etwa 100 Familienclans mit 7000 Mafiosi. Die traditionell mächtigsten Familien stammten aus San Luca.
Der oberste Mafia-Jäger, Staatsanwalt Pietro Grasso, bezeichnete es in dem TV-Interview als absolute Neuigkeit, dass sich eine solche Gewalttat im Ausland abspiele. Die Opfer seien offenbar nach Duisburg gelockt worden, weil die Täter sich den Folgen ihrer Rache entziehen wollten. Die Killer hätten vermutlich in Deutschland zugeschlagen, weil sie in Italien zu streng unter Beobachtung gestanden hätten, meinte Grasso. Fahnder aus Italien machten sich sofort auf den Weg nach Deutschland.
Kaltblütig, professionell
Vieles spricht für eine professionell geplante Tat - nicht zuletzt die Kaltblütigkeit und die Präzision, mit der die Killer zuschlugen. Der Tatort war gut gewählt: ein dunkler Durchgang zwischen zwei Bürogebäuden, zentral gelegen, aber unbelebt und nur schwer einsehbar. Augenzeugen der Tat gibt es deshalb offenbar nicht. Doch hoffte die Polizei darauf, dass ihr die Videoaufnahmen der Überwachungskameras an den Bürogebäuden Hinweise auf die Täter geben könnten.
Ein Scherz mit 15 Toten
Der Krieg der Clans innerhalb der kalabrischen Mafia geht auf einen Karnevalsscherz im Jahr 1991 in der 'Ndrangheta-Hochburg San Luca zurück. Nach Angaben italienischer Medien gab es damals Streit um gezündete Faschingsböller. Daraus entwickelte sich eine Schlägerei zwischen den Familien Strangio-Nirta und Pelle-Romeo. Einige Monate später seien die ersten Morde passiert. Bislang habe der misslungene Faschingsscherz 15 Menschen das Leben gekostet.
Die italienische Polizei befürchtet, dass nach dem Blutbad von Duisburg nun auch in San Luca wieder Morde passieren. (rri)