Italien: Conte wirft hin
27. Mai 2018Der als neuer italienischer Ministerpräsident vorgesehene Jurist Giuseppe Conte verzichtet auf das Amt. Das erklärte das Präsidialamt in Rom am Samstagabend nach einem Treffen Contes mit Staatspräsident Sergio Mattarella. Zu dem Treffen hatte Conte seine Kabinettsliste mitgebracht, auf der auch der 81-jährige Paolo Savona als Finanzminister steht. Doch Mattarella hat Probleme mit dem Universitätsprofessor - und sein Veto eingelegt.
Savona, der Anfang der 1990er Jahre schon einmal Industrieminister war, gilt als Gegner der Europäischen Union. Den Euro bezeichnet er als "deutsches Gefängnis" für Italien. Präsident Mattarella befürchtete deshalb, Italien könne sich innerhalb der Europäischen Union isolieren, wenn er Savona ernennt. Genau das müsste er gemäß der italienischen Verfassung aber tun: Der designierte Regierungschef legt seine Kabinettsliste dem Präsidenten vor, und der ernennt daraufhin die Minister.
"Alles in die Luft jagen"
Angesichts der Unstimmigkeiten hatte Lega-Chef Matto Salvini bereits gedroht, "alles in die Luft zu jagen". Gestützt auf den Umfragen-Zuwachs für die Lega sagte er am Samstagabend vor Anhängern, sollte die Regierung "nicht in den kommenden Stunden mit der Arbeit beginnen", sollte es Neuwahlen geben - mit einer absoluten Mehrheit für die Lega.
Ähnlich äußerte sich Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio während einer Veranstaltung seiner Bewegung in Terni. Es sei bereits zuviel Zeit verloren gegangen, sagte er. "Entweder wir schließen in den kommenden 24 Stunden ab oder wir lassen es sein."
Teure Wahlgeschenke
Salvini und Di Maio selbst gelten im Kabinett des 53-jährigen Politik-Quereinsteigers Contes als gesetzt. Italienischen Medien zufolge ist der Lega-Vorsitzende als Innenminister vorgesehen, Di Maio soll Minister für wirtschaftliche Entwicklung werden.
Fünf-Sterne-Bewegung und Lega wollen die bisherige Sparpolitik im hoch verschuldeten Italien beenden und gehen damit auf Konfrontationskurs zur EU, die auf fortgesetzte Konsolidierung drängt. Sie planen unter anderem Steuersenkungen und zusätzliche Sozialausgaben. Vertreter der EU forderten die neue Regierung bereits mehrfach auf, sich an die Ausgaben- und Schuldenstandsregeln der Gemeinschaft zu halten.
"Falsche Steuerpolitik"
Savona schaltete sich am Sonntag selbst in die Debatte ein. "Ich will ein anderes Europa, ein stärkeres, aber ein gerechteres", schrieb er in einer Mitteilung, in der er sich unter anderem für die Ausweitung der Kompetenzen für die Europäische Zentralbank (EZB) aussprach. Er betonte, dass die Fünf Sterne und die Lega die Staatsverschuldung Italiens abbauen wollten - allerdings durch das Ankurbeln des Wirtschaftswachstums. Die Spar- und strenge Steuerpolitik hätten sich als "falsch" herausgestellt, um dieses Ziel zu erreichen. Italienische Kommentatoren werteten das als Versuch der Parteien, den Präsidenten zu beschwichtigen.
Doch bis zuletzt hatte Mattarella, der sein Amt nicht beschädigen will, sich gegen ein "Diktat" der beiden Koalitionsparteien verwahrt. Nun ist das europakritische Bündnis vorerst am Ende.
rb/se (afp, dpa, rtr)