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Ist die Islamfeindlichkeit auf dem Vormarsch?

8. September 2010

Kurz vor dem Jahrestag der Terror-Anschläge des 11. Septembers scheint eine Woge der Islamfeindlichkeit die USA zu erfassen. Das gibt berechtigten Anlass zur Sorge, meint Daniel Scheschkewitz in seinem Kommentar.

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Themenbild Kommentar
Bild: DW

Ist Amerika islamfeindlich? Diese Frage bewegt zurzeit nicht nur die USA, sondern die ganze Welt. Schon werden die von einem sektiererischen Hassprediger in Florida geplanten Koranverbrennungen in einigen islamischen Ländern zum Anlass für amerikafeindliche Kundgebungen genommen, die Angst vor religiöser Intoleranz im Mutterland der Religionsfreiheit liegt wie ein schwerer Schatten auf den Erinnerungsfeierlichkeiten am Jahrestag der monströsen Anschläge des 11. Septembers 2001.

Was ist seitdem geschehen in den USA? Hat sich das Land, dem damals ein so besonnener Umgang mit Moslems bescheinigt wurde, radikal gewandelt? Hat es den Pfad ihrer scheinbar so erfolgreichen Integration verlassen? Erst vor kurzem hatte es Proteste gegen den geplanten Bau eines muslimischen Kulturzentrums in der Nähe der Anschläge vom 11. September in New York gegeben.

Muslimische, christliche und jüdische Vertreter hatten religiöse Toleranz angemahnt und sprechen von einer steigenden Welle von Angst und Intoleranz. Hohe Regierungsvertreter, wie Außenministerin Clinton, melden sich zu Wort und verurteilen in scharfen Worten die geplanten Koranverbrennungen.

Kein Grund zur Dramatisierung

So unschön dies alles ist, gibt es keinen Grund zur Dramatisierung. Religiöse Eiferer hat es in den USA immer schon gegeben. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts richteten sie sich gegen irische Katholiken, die heute trotzdem integraler Bestandteil der US-Gesellschaft sind. Im 20. Jahrhundert und bis heute müssen sich liberale Befürworter des Rechts von Frauen auf Schwangerschaftsabbruch den Fanatismus christlicher Fundamentalisten gefallen lassen.

Daniel Scheschkewitz (Foto: DW)
Daniel ScheschkewitzBild: DW

Ebenso gibt es Kräfte in den USA, die im Islam keine gleichberechtigte Religionsgemeinschaft sehen, sondern eine politische Verschwörung gegen die westliche Welt. Diese Kräfte haben durch die Anschläge des 11. Septembers vor nunmehr neun Jahren Auftrieb bekommen. Zwei Kriege, die Amerika in islamischen Ländern seitdem geführt hat, haben die Lage der Muslime in den USA zweifellos nicht einfacher gemacht.

Obama streckt die Hand aus

Und dennoch: Wer die USA auf dem Weg zum Anti-Islamismus sieht, irrt. In seiner berühmten Kairoer Rede hat Präsident Obama den Islam gewürdigt und Muslimen in aller Welt die Hand ausgestreckt. Die Zahl der religiös motivierten Gewalttaten in den USA ist keinesfalls gestiegen, sie stagniert. Zahlreiche islamische Gemeinden in den USA werden das Ende des Ramadans, das in diesem Jahr mit den Feierlichkeiten zum Gedenken an den 11. September zusammenfällt, zu Gedenkfeierlichkeiten für die Opfer der Anschläge von damals nutzen. Auch das ist die aktuelle Realität Amerikas.

Islam meint Frieden, hatte der frühere Präsident George W. Bush wenige Wochen nach den Terroranschlägen in einer Moschee gesagt. Das konservative Amerika ist ihm damals gefolgt. Heute melden sich die Ultrarechten in den von Obama regierten USA wieder lautstärker zu Wort. Anti-islamisches Gedankengut gehört leider zu ihrem beliebtesten Repertoire.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Martin Muno