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Israel verhängt Einreiseverbot gegen Günter Grass

8. April 2012

Nach der Veröffentlichung eines Israel-Gedichts hat das Land ein Einreiseverbot gegen Literaturnobelpreisträger Günter Grass verhängt. Der deutsche Schriftsteller wurde zur Persona non grata erklärt.

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Der deutsche Schriftsteller Günter Grass (Foto: AP)
Bild: dapd

In einer Erklärung des israelischen Innenministers Eli Jischai heißt es, das Gedicht von Grass ziele darauf ab, "das Feuer des Hasses auf den Staat Israel und das Volk Israel anzufachen". Grass wolle so "die Idee weiterbringen, die er früher mit dem Tragen der SS-Uniform offen unterstützt hat".

Israel greift auf Gesetz gegen ehemalige Nazis zurück

Wenn Grass "weiter seine verdrehten und lügnerischen Werke verbreiten will, schlage ich vor, er macht das vom Iran aus", sagte Jischai weiter. Dort würde er ein gewogenes Publikum finden. Als Persona non grata, also unerwünschte Person, darf Grass nicht mehr nach Israel einreisen.

Israels Innenminister Eli Jischai (Foto: AP)
Israels Innenminister Eli JischaiBild: AP

Bei dem Einreiseverbot gegen Grass griff Jischai auf ein Gesetz zurück, dass es der Regierung erlaubt, ehemaligen Nazis die Einreise ins Land zu verweigern. Grass hatte eingestanden, in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges in der Waffen-SS gedient zu haben.

Lieberman: Äußerungen als Ausdruck des Zynismus

In seinem als "Gedicht" bezeichneten Text hatte der Literaturnobelpreisträger angeprangert, dass der Iran von einem atomaren Präventivschlag durch Israel bedroht sei, der das iranische Volk auslöschen könne. Zudem schrieb er, dass Israel den Weltfrieden gefährde. Dies hatte ihm harsche Kritik und den Vorwurf des Antisemitismus eingebracht.

Israels Außenminister Avigdor Lieberman (Foto: EPA)
Israels Außenminister Avigdor LiebermanBild: picture-alliance/dpa

Medienberichten zufolge kritisierte auch der israelische Außenminister Avigdor Lieberman den deutschen Schriftsteller. Bei einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Monti habe er gesagt, die Äußerungen von Grass seien ein Ausdruck des Zynismus. Intellektuelle wie er seien bereit, "Juden auf dem Altar der Antisemiten zu opfern".

Außenminister Westerwelle kritisiert Grass

Unterdessen reißt auch in Deutschland die Kritik an Grass nicht ab. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle meldete sich mit einem Gastbeitrag in der "Bild am Sonntag" zu Wort. "Israel und Iran auf eine gleiche moralische Stufe zu stellen, ist nicht geistreich, sondern absurd", schreibt Westerwelle. Wer die Bedrohung, die von einer atomaren Bewaffnung des Irans ausgehe, verharmlose, verweigere die Realität, fügte der Außenminister hinzu.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (Foto: dapd)
Der deutsche Außenminister Guido WesterwelleBild: dapd

Der Schriftsteller Rolf Hochhuth sagte, er schäme sich für Grass. Dieser sei geblieben, was er freiwillig geworden sei, nämlich ein SS-Mann, der diese Zugehörigkeit zu den Nationalsozialisten dann 60 Jahre lang verschwiegen habe.

Im übrigen - so Hochhuth weiter - sei es eine anmaßende Albernheit, den Israelis verbieten zu wollen, ein U-Boot deutscher Produktion zu kaufen. Israel als kleiner Staat müsse für seine Sicherheit sorgen und dürfe nicht von einer Atommacht ausgerottet werden, sagte Hochhuth in Anspielung auf Irans Atompolitik.

Denkmal beschmiert

Unbekannte haben unterdessen auf dem Campus der Göttinger Universität ein von dem Schriftsteller entworfenes und gestiftetes Denkmal beschmiert. Auf dem Sockel der rund zwei Meter hohen Skulptur hinterließen sie mit braunroter Farbe den Spruch "SS! Günni Halts Maul". Grass und sein Göttinger Verleger Gerhard Steidl hatten das Denkmal vor einem Jahr der Stadt und der Universität Göttingen geschenkt.

Göttingen Günter Grass Denkmal Schmiererei (Foto: dpa)
Die Schmierereien an dem Göttinger Denkmal wurden am Samstag entdecktBild: picture-alliance/dpa

GD/uh (dpa, dapd, epd)