Israel-Hamas-Krieg: Blinkens Pendeldiplomatie
7. Februar 2024Der Süden des Gazastreifens steht weiter im Fokus von Israels Militäraktion gegen die Terrororganisation Hamas. Das UN-Nothilfebüro OCHA berichtete in der Nacht zum Mittwoch von "intensivem israelischem Bombardement aus der Luft, am Boden und von See aus in weiten Teilen des Gazastreifens, vor allem in und um Chan Junis". Es gebe weitere zivile Opfer, Vertreibung der Bevölkerung und Zerstörung ziviler Infrastruktur.
Das israelische Militär tötete nach eigenen Angaben in Chan Junis Dutzende militante Palästinenser. Es seien bewaffnete Terrorzellen ausgeschaltet und zahlreiche Waffen sichergestellt worden, heißt es in einer Mitteilung des Militärs vom Mittwochmorgen. "Israelische Fallschirmtruppen haben in den letzten 24 Stunden in Chan Junis Dutzende von Terroristen getötet", heißt es in der Mitteilung.
Angriff der Kassam-Brigaden
Bei einem Vorfall im Westen von Chan Junis seien Soldaten auf drei Bewaffnete getroffen, die sie mit Panzerabwehrraketen beschossen hätten. In Nahkämpfen seien die drei Männer sowie "mehrere weitere Terroristen getötet" worden.
Die Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer herrschenden Hamas, meldeten ebenfalls einen Angriff auf israelische Soldaten im Westen von Chan Junis.
Die USA setzen in dem Konflikt weiter auf eine Verhandlungslösung. Im Rahmen der Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung weiterer Geiseln, die sich in der Gewalt der Hamas befinden, hat US-Außenminister Antony Blinken Gespräche in Israel aufgenommen.
Er traf in Jerusalem zunächst Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, wie aus US-Kreisen verlautete. Die USA sind gemeinsam mit Katar und Ägypten an Vermittlungen über einen neuen Deal zwischen Israel und der islamistischen Hamas beteiligt.
Blinken sagte nach seinen Gesprächen in Israel, dass die Verhandlungen über die Geiselnahme noch nicht abgeschlossen seien. Der US-Außenminister äußerte aber die Hoffnung auf einen Erfolg und plädierte für eine Aufstockung der Hilfe für die Menschen im Gazastreifen.
"Wir befassen uns intensiv damit, wie auch die israelische Regierung, wie ich weiß", sagte Blinken nach seinem Treffen mit dem israelischen Staatspräsidenten Izchak Herzog. Es gebe noch viel zu tun, so der US-Außenminister. Er hoffe aber, dass die "unterbrochene Geiselfreilassung" wieder aufgenommen werden könne.
Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani hatte am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit Blinken in Doha gesagt, man habe von der Hamas eine "positive" Antwort erhalten. Die Hamas selbst teilte mit, sie und ihre Verbündeten seien mit dem Vermittlungsvorschlag "in positivem Geiste" umgegangen. Die Vereinbarung müsse aber zu einem vollständigen und umfassenden Waffenstillstand, einer Beendigung der Blockade des Gazastreifens, dem Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Küstengebiets und der vollständigen Freilassung palästinensischer Gefangener führen.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, schlägt die Hamas eine Waffenruhe von 135 Tagen im Gazastreifen vor. In drei Phasen von jeweils 45 Tagen sollen nach Vorstellungen der Hamas alle verbliebenen Geiseln im Gegenzug für die Entlassung palästinensischer Gefangener freikommen. Zudem solle das israelische Militär abziehen und eine Vereinbarung zur Beendigung des seit Anfang Oktober währenden Krieges erzielt werden.
Noch keine Reaktionen aus Israel
Die israelische Regierung hat bislang nicht öffentlich auf den Vorschlag der Hamas reagiert. Sie hat allerdings bereits mehrfach erklärt, dass sie nicht willens ist, ihre Soldaten aus dem Palästinensergebiet abzuziehen, solange die Hamas nicht ausgeschaltet ist.
Im Laufe der bisher einzigen Vereinbarung dieser Art hatte Israel im November 240 palästinensische Gefangene freigelassen, allesamt Frauen und Jugendliche. Im Gegenzug ließ die Hamas 105 Anfang Oktober aus Israel verschleppte Geiseln gehen. Darunter auch 14 entführte deutsche Staatsbürger.
Die aktuellen Bemühungen um eine ähnliche Verhandlungsliste kommen für einige der Gekidnappten zu spät: Das israelische Militär teilte mit, 31 der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln seien tot. Ein Militärsprecher erklärte, man habe die betroffenen Familien darüber informiert, dass ihre von der Hamas entführten Angehörigen nicht mehr am Leben sind und ihr Tod bestätigt wurde.
Auslöser des Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels. Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen hatten am 7. Oktober israelische Ortschaften und ein Open-Air-Festival nahe der Grenze zum Gazastreifen überfallen. Auf israelischer Seite sind dabei mehr als 1200 Menschen getötet worden.
Israel reagierte darauf mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive im Gazastreifen. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seitdem in dem Küstenstreifen mindestens 27.500 Menschen getötet. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen mussten drei Viertel der rund 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens während des Kriegs aus ihren Wohnorten fliehen. Die Hamas wird von der Europäischen Union, den USA und zahlreichen weiteren Staaten als Terrororganisation eingestuft.
AR/gri/haz (dpa, rtr)