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Gesellschaft

Islamismus: Defizite bei der Vorbeugung

13. Juni 2017

Islamismus-Experten sehen bei den Strategien gegen die Verbreitung der salafistischen Ideologie in Deutschland noch große Lücken. Mit einem eigenen Schulfach sei es nicht getan, so die einhellige Meinung.

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Ahmad Mansour in Berlin bei der Veranstaltung Die Radikalisierung Jugendlicher in Deutschland und Europa
Bild: picture alliance/dpa/M. Gambarini

"Islamischer Religionsunterricht an der Schule ist nicht per se Prävention", gab die Leiterin der Beratungsstelle Hayat für Deradikalisierung, Claudia Dantschke, bei einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin zu bedenken. Ähnliche Äußerungen gab es mit Blick auf die Lage an den Hochschulen. "Wir haben Universitäten, die hoch problematische Theologie betreiben", warnte ihr Kollege, der Psychologe und Buchautor ("Generation Allah") Ahmad Mansour (Artikelbild).

Verdächtige Vereine

Mit Blick auf die Islam-Verbände sagte er: "Ich finde es verdächtig, dass Vereine, die seit Jahren sagen, Terror hat nichts mit Religion zu tun, heute sagen, gebt uns Geld, wir machen Deradikalisierung." Hier seien Qualitätskontrollen nötig.

Der islamische Prediger-"Mainstream" sei zu stark von "Angstpädagogik und Buchstabenglaube" geprägt, kritisierte Mansour. Wer ein Abdriften von Jugendlichen in Salafistenkreise verhindern wolle, müsse in sozialen Netzwerken präsent sein. Dort verbreiteten sich Verschwörungstheorien in Windeseile. Eine beliebte Theorie sei etwa, dass der Terroranschlag im Dezember auf dem Berliner Weihnachtsmarkt ein "Inside-Job" gewesen sei und nicht von einem tunesischen Terroristen verübt wurde. 

Claudia Dantschke von der Beratungsstelle Hayat sagte, es sei falsch, sich bei der Prävention auf religiöse Fragen zu konzentrieren. Gefährdet seien vor allem Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen. "Wir sehen unheimlich viele Parallelen zum Rechtsextremismus."

Gelder aus dem Ausland

Stellung zu dem Thema nahm auch der frühere Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), August Hanning. Eine Hauptursache für Terrorismus in Europa sei die Finanzierung radikaler Moscheen aus dem Ausland. Um Terroranschlägen vorzubeugen, müsse diese Finanzierung unterbunden werden, schreibt Hanning in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung. Moscheen spielten eine Schlüsselrolle bei der Integration. Durch den Einfluss von Geldgebern etwa aus der Golfregion werde ein "intolerantes und rückwärtsgewandtes Wertebild" nach Europa transportiert, das mit westlichen Vorstellungen und Grundwerten nicht vereinbar sei.

Es gehe nicht darum, "die Ausübung der islamischen Religion zu beschränken", so Hanning, der auch Mitglied im Counter Extremism Project (CEP) in New York ist. "Es geht darum, alle Muslime zu unterstützen, die unsere westlichen Grundwerte respektieren und bereit sind, sich in unsere Gesellschaften zu integrieren." Nur durch eine Stärkung liberaler Kräfte in den Moscheen könne sich auf Dauer ein islamisches Glaubensverständnis entwickeln, das friedlich und mit europäischen Werten vereinbar sei.

haz/cgn (dpa, kna)