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Irans kreativer Underground

Silke Bartlick / Igal Avidan17. Februar 2006

Der iranischer Regisseur Mani Haghighi präsentierte bei der diesjährigen Berlinale seinen neuen Film. Er schildert die iranische Zensurpolitik und wie diese umgangen wird.

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Mani Haghighi, Reza Kianian, Mitra Gorji (v.l.n.r.) am Set zum Film "Men at Work"Bild: Berlinale

Die vier Freunde befinden sich nach einem nicht eben geglückten Skiurlaub auf der Heimreise. Sie sind Ärzte, Ingenieure und Geschäftsleute in der Midlife-Crisis und plaudern schläfrig über ihre Luxusprobleme. Bei einer Pinkelpause stoßen sie dann eher zufällig auf diesen merkwürdigen Felsbrocken, der wie ein Phallus direkt am Rande der steil abfallenden Böschung steht. Übermütigen Kindern durchaus ähnlich, versuchen sie, den riesigen Stein ins Tal zu stürzen. Ein absurdes Unterfangen, das scheitern muss und sich in Mani Haghighis Film "Men at Work" zu einem humorvollen Sinnbild der gelähmten iranischen Bourgeoisie auswächst.

Iran nicht eindimensional

Berlinale 2006 Szene aus dem Film Men at Work Kargaran mashghool-e karand Attila Pesyani
Szene aus dem Film "Men at Work"Bild: Berlinale

"Ich habe den Eindruck, dass die Bilder vom Iran sehr festgelegt und eindimensional sind. Immer geht es um Fundamentalismus und Terrorismus", sagt Haghighi. Im Iran gäbe es mehr als das. "Das versuche ich, mit meinen bescheidenen Möglichkeiten zu zeigen, um die Menschen zu bewegen, sich mit uns jenseits der in den Medien gezeigten Klischees auseinander zu setzen."

Mani Haghighi hat 17 Jahre in Kanada gelebt und kehrte erst im Jahre 2000 in den Iran zurück. Seinen ersten Film "Abadan" hatte er 2003 noch ohne staatliche Genehmigung gedreht. Die Zensoren verboten den fertigen Film offiziell, weil er unautorisiert gedreht wurde. Sie störten sich aber wahrscheinlich auch an den vielen Schimpfworten und den Hinweisen auf den Iran-Irak-Krieg. "Einschränkungen und Zensur waren auch vor der islamischen Revolution ein Teil der iranischen Kultur", sagt Haghighi.

Zensur fördert Raubkopiermarkt

Eine Kehrseite dieser iranischen Schizophrenie aus Zensur und Freiheit äußert sich in den Millionen Satellitenschüsseln und dem blühenden Markt der Raubkopien. Fliegende DVD-Händler bringen Hollywood-Filme in iranische Wohnzimmer, manche sogar vor der Weltpremiere.

" 'Abadan' ist ohne offizielle Genehmigung, ohne Erlaubnis, ohne Geld der Regierung entstanden und wurde natürlich sofort nach Herausgabe verboten. Ich war dann einer der Glücklichen, dem es gelungen ist, den Film außerhalb des Iran auf Festivals zu zeigen." Im Iran sei er immer noch gesperrt, sagt Haghighi, aber die Erfahrung sei für ihn interessant gewesen. Der Erfolg des Filmes, der Umstand, dass Haghighi ihn außerhalb des Iran zeigte, hatte zur Folge, dass das Kultusministerium entschieden hat, seinen zweiten Film zu unterstützen. "Sie wussten, dass er andernfalls dennoch im Ausland gezeigt werden würde."

Talente im Untergrundkino

"Etwa 60 bis 70 Spielfilme entstehen jedes Jahr im Iran", sagt Mani Haghighi. Das sei recht beachtlich. Viel wichtiger aber sei, dass es im Untergrund eine wirklich rege Filmproduktion gäbe, die außerhalb des Landes kaum wahrgenommen werde. Denn hier entwickelten sich nach Haghighis Einschätzung die eigentlichen Talente der iranischen Filmkultur. Sie drehen mit digitalen Kameras, kleinsten Budgets und zeigen ihre Filme meist nur in Privatwohnungen. Denn das ambitionierte Untergrundkino darf in aller Regel nicht öffentlich gezeigt werden.

Der Westen und die Tabus

"Vor allem beschäftigt junge Filmemacher im Iran der Westen. Sie träumen davon, in den Westen zu kommen, dort zu leben. Sie träumen davon zu emigrieren", sagt Haghighi. Deshalb gäbe es viele Filme über Menschen die versuchen, den Iran zu verlassen. Auch über sexuelle Tabus oder Drogen werde gefilmt, alles was man eben aus Untergrundfilmen kenne. "Dabei sind die meisten iranischen Filmemacher wirklich religiös. Aber auf eine neue, moderne Weise."

Sein nächster Film, meint Haghighi verschmitzt, werde eine Geschichte über zwei Schwestern sein, von denen die eine - eine Linke - den Iran gleich nach der Revolution verlassen hat und nun mit ihrer Familie in Deutschland lebt. Die andere ist im Iran geblieben und hat einen deutlich älteren Architekten geheiratet. Nach 20 Jahren treffen sie sich wieder. Ihre Geschichte, sagt Haghighi, steht für die zwei Möglichkeiten, wie man auf die Entwicklungen im Iran in den letzten 25 Jahren reagieren konnte.