Al-Abadi fordert Annullierung des Referendums
27. September 2017Der irakische Präsident Haider al-Abadi hat die Aufhebung des Unabhängigkeitsreferendums der Kurden im Nordirak gefordert. Einen Dialog, wie ihn Kurdenführer Massud Barsani vorgeschlagen hat, werde es auf der Grundlage des Referendums niemals geben, sagte al-Abadi vor dem irakischen Parlament in Bagdad. "Das Referendum muss annulliert und ein Dialog auf Grundlage der Verfassung eröffnet werden", so al-Abadi. Der Staatschef kündigte an, das irakische Recht in der gesamten kurdischen Region im Nordirak durchzusetzen.
Zudem rief das irakische Parlament den Ministerpräsidenten auf, Truppen in die von Kurden kontrollierten Öl-Felder um Kirkuk zu entsenden. Die Regierung müsse sie "wieder unter die Kontrolle des Öl-Ministeriums bringen", hieß es in der am Mittwoch verabschiedeten Resolution. Abadi solle "den Einsatz der Sicherheitskräfte in den umstrittenen Gebieten anordnen, darunter auch Kirkuk".
Mehr als 92 Prozent für die Unabhängigkeit
Vor zwei Tagen hatten die irakischen Kurden mit ihrem weltweit umstrittenen Volksentscheid über ihre Unabhängigkeit abgestimmt. Damit setzten sie sich über den Widerstand der Zentralregierung in Bagdad und die Warnungen der Nachbarn Türkei und Iran hinweg. Nach Angaben der Wahlkommission in Erbil stimmten mehr als 92 Prozent der Kurden für eine Unabhängigkeit vom Irak. Bereits am Dienstagabend hatte Kurdenführer Barsani angekündigt, die Ja-Stimmen seien in der Überzahl.
"Referendum bestimmt nicht Grenzverlauf"
In einer Fernsehansprache sagte er, Bagdad solle "die Tür zum Dialog nicht zuschlagen, da die Probleme durch Dialog gelöst werden können". Zugleich versicherte er der internationalen Gemeinschaft die Bereitschaft der Kurden zu Verhandlungen. Das Referendum habe weder "die Grenzen bestimmen" noch sie "de facto durchsetzen" sollen, versicherte Barsani.
Der Kurdenführer hatte bereits vor dem Volksentscheid gesagt, dass er im Fall einer Mehrheit für die Abspaltung nicht direkt die Unabhängigkeit erklären werde. Es wurde vermutet, dass er mit dem Referendum vor allem seine Verhandlungsposition gegenüber Bagdad stärken wolle.
Kurden weisen Ultimatum zurück
Die irakischen Zentralregierung forderte die Kontrolle über zwei Flughäfen im Nordirak zurück und setze ein Ultimatum von drei Tagen. Die Flughäfen der Städten Erbil und Sulaimanija seien im "Besitz Kurdistans", der Betrieb werde wie normal weitergehen, antwortete daraufhin der kurdische Transportminister Maulud Bawa Murad. Unterdessen wies die Luftfahrtbehörde ausländische Airlines an, Flüge in die kurdischen Autonomiegebiete einzustellen.
Trotz dieser Aufforderung will die Lufthansa weiter den Flughafen Erbil im Nordirak anfliegen. Den nächsten Flug werde es wie geplant am Samstag geben, man stehe dazu in Kontakt mit deutschen, US-amerikanischen und irakischen Behörden, sagte ein Sprecher des Unternehmens. "Wir gehen davon aus, dass es keine Beeinträchtigungen gibt." Die Lufthansa fliegt Erbil einmal pro Woche von Frankfurt aus an. Ein Sprecher des Unternehmens sagte, der Flugbetrieb dort laufe derzeit ganz normal. Man beobachte die Situation in Erbil weiter.
sam/se (AFP, dpa)