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Politik

Iraker haben neues Parlament gewählt

10. Oktober 2021

250.000 Sicherheitskräfte waren bei den Parlamentswahlen im Einsatz. Die Skepsis der Menschen war groß - die Protestbewegung rief zum Boykott auf. Vorläufige Ergebnisse werden am Montag erwartet. 

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Parlamentswahl im Irak
Eine ältere irakische Frau zeigt ihren mit Tinte verschmierten Finger nach ihrer StimmabgabeBild: Hadi Mizban/AP/dpa/picture alliance

Es war die zweite Abstimmung seit dem militärischen Sieg gegen die Terrormiliz Islamischer Staat vor rund vier Jahren. Nach Angaben der Militärführung waren mehr als 250.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, um Zwischenfälle zu verhindern. Auf den Straßen wurden zahlreiche Kontrollpunkte errichtet. Manche Wahllokale waren mit Stacheldraht gesichert. Zellen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) verüben im Irak immer wieder Anschläge. Die Wahl verlief weitgehend ruhig.

Dutzende Wahlbeobachter im Einsatz

Einen tödlichen Zwischenfall gab es an einem Wahllokal in der östlich von Bagdad gelegenen Provinz Dijala. Dort wurde nach offiziellen Angaben ein Soldat durch "versehentlichen Beschuss" eines Kameraden getötet, ein weiterer wurde verletzt.

Wähler wurden in den Wahllokalen durchsucht, Reisen zwischen den einzelnen Provinzen waren verboten. Restaurants, Einkaufszentren und Flughäfen blieben geschlossen. Die Vereinten Nationen und die EU entsandten dutzende Wahlbeobachter. "Die Iraker müssen darauf vertrauen können, wählen zu können, wie sie möchten, in einem Umfeld ohne Druck, Einschüchterung und Drohungen", erklärte die UN-Mission im Irak.

Irak -  Mustafa al-Kadhimi bei den Parlamentswahlen
Premierminister Mustafa al-Kasimi in einem Wahllokal in BagdadBild: Khalid Mohammed/AA/picture alliance

Insgesamt waren rund 25 Millionen Menschen aufgerufen, die 329 Abgeordneten im Parlament zu bestimmen. Ein Viertel aller Sitze ist für Frauen reserviert. Beobachter erwarten eine niedrige Wahlbeteiligung - bei der Abstimmung im Mai 2018 war sie auf ein Rekordtief von 44,5 Prozent gefallen.

Irak in tiefer Krise 

Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi hatte die Abstimmung nach Massenprotesten gegen die Regierung um mehrere Monate vorgezogen. Die Zukunft des Regierungschefs gilt als unsicher. Wer das Land in Zukunft regieren wird, lässt sich nur schwer vorhersagen. 

Das Land ist politisch nach wie vor stark polarisiert, zentrale Themen sind die Präsenz der US-Truppen und der Einfluss des Iran. Die Unterstützer des populistischen Geistlichen Muktada al-Sadr, die bereits im scheidenden Parlament die meisten Sitze innehaben, werden voraussichtlich Stimmen hinzugewinnen - jedoch nicht genug, um das schiitische Lager zu dominieren. Eine weitere wichtige Kraft ist die Fatah-Allianz, die viele vom Iran unterstützte schiitische bewaffnete Gruppen vertritt.

Das rohstoffreiche Land steckt in einer politischen und wirtschaftlichen Krise. Es hängt stark vom Öl ab und hat unter den niedrigen Ölpreisen während der Corona-Pandemie gelitten.

Sicherheitskräfte bewachen einen Kontrollpunkt in Kirkuk, Irak
Die Furcht vor Anschlägen überschattete die AbstimmungBild: Ali Makram Gharee/AA/picture alliance

Schon 2019 waren Massenproteste gegen die politische Führung ausgebrochen. Die Kundgebungen richteten sich unter anderem gegen die grassierende Korruption und die schlechte Infrastruktur. Sicherheitskräfte gingen immer wieder mit Gewalt gegen die Demonstranten vor. Dabei wurden nach Angaben von Menschenrechtlern mehr als 500 Personen getötet.

Viele haben resigniert 

Viele Iraker sind von der Politik enttäuscht. Anhänger der Protestbewegung hatten zum Boykott der Wahl aufgerufen. Sie wollten nicht abstimmen, weil sie innerhalb des bestehenden politischen Systems keine Änderung der Machtverhältnisse erwarten. "Die herrschende Elite ist so gefestigt, dass sie nicht von der Macht verdrängt werden kann und ihren Einfluss behält", sagte der irakische Analyst Farhad Alaaldin.

Sicherheitskräfte stehen in einem Wahllokal in Bagdad Schlange
Ein Wahllokal in Bagdad: Sicherheitskräfte durften bereits am Freitag ihre Stimmen abgeben Bild: Khalid Mohammed/AP Photo/picture alliance

nob/sth/jj (dpa, afp)