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Das Vorspiel der Lügen

Peter Philipp18. März 2008

Vor 5 Jahren begann der Irakkrieg - von den USA begründet als Reaktion auf 9-11. Doch die angeblichen Beweise für die Gefährlichkeit des irakischen Regimes waren gefälscht. Peter Philipp blickt zurück.

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Panzer in der Wüste an der Grenze zum Irak, Quelle: AP
Kriegsausbruch: Panzer in der Wüste an der Grenze zum Irak am 19.3.2003Bild: AP

Nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 erklärte US-Präsident George W. Bush einen internationalen "Krieg gegen den Terror" - und der verzeichnete zunächst auch Erfolge. So war nur Wochen nach dem 11. September das Regime der Taliban in Afghanistan gestürzt, das der Al Qaida bislang Unterschlupf gewährt hatte.

Im Weißen Haus glaubte man die Zeit sei gekommen, den Feldzug nun auch auf andere Ziele ausdehnen zu können, die lange schon auf der Liste US-amerikanischer Begehrlichkeiten standen.

An erster Stelle war das das Regime Saddam Husseins im Irak, vom Bush-Vater zwar aus Kuwait vertrieben, sonst aber kaum in seiner Macht reduziert und auch wegen seines Ölreichtums ein äußerst attraktives Ziel.

Die Suche nach dem probaten Mittel

21. März 2003: Lagebesprechung im Weißen Haus, Quelle: AP
21. März 2003: Lagebesprechung im Weißen HausBild: AP

Bush und seine neokonservativen Berater fanden ein probates Mittel, Bagdad unter Druck zu setzen: Nach dem Ende des Kuwait-Krieges war es von der UNO verpflichtet worden, massiv abzurüsten, es gab aber wieder Probleme zwischen irakischen Stellen und den UN-Waffeninspektoren und der Verdacht bestand, dass Bagdad illegale Rüstungsprogramme verheimliche. Für Bush war dies kein Verdacht, sondern Gewissheit:

"Mitbürger: Die Ereignisse im Irak haben die letzten entscheidenden Tage erreicht. Mehr als ein Jahrzehnt haben die USA und andere Staaten sich geduldig und ehrenhaft darum bemüht, das irakische Regime ohne Krieg zu entwaffnen. Dieses Regime hat sich als Bedingung zur Beendigung des Krieges am Persischen Golf 1991 verpflichtet, alle seine Massen-Vernichtungswaffen aufzudecken und zu zerstören. Seitdem hat die Welt 12 Jahre lang Diplomatie angewandt. Wir haben über ein Dutzend Resolutionen im UN-Sicherheitsrat verabschiedet, wir haben Hunderte von Waffeninspektoren entsandt, um die Entwaffnung des Irak zu überwachen. Unser Vertrauen wurde aber nicht erwidert: Das irakische Regime hat die Diplomatie dazu benützt, Zeit und Vorteile zu gewinnen. Es hat systematisch die Sicherheitsrats-Resolutionen zur Abrüstung mißachtet. Über die Jahre hinweg wurden UN-Waffeninspektoren von irakischen Offiziellen bedroht, abgehört und getäuscht. Friedliche Versuche, das irakische Regime zu entwaffnen, sind immer wieder gescheitert."

Der Beschluss zum Angriff stand schon fest

17. März 2003: US-Außenminister Powell hält die Diplomatie für gescheitert
17. März 2003: US-Außenminister Powell hält die Diplomatie für gescheitertBild: AP

Als Bush dies erklärte, stand sein Beschluss bereits fest, den Irak wenige Tage später anzugreifen. Beweise für seine Behauptungen hatte der Präsident zwar nicht. Und in der Welt war man geteilter Meinung über das Vorgehen Bushs. Daran änderte auch der Vortrag seines damaligen Außenministers Colin Powell, der vor dem UN-Sicherheitsrat versucht hatte, die Behauptungen seines Präsidenten zu untermauern. Powell bezeichnete diesen Auftritt später als einen "wunden Punkt" in seiner Karriere, denn er trug Dinge vor, die nicht den Tatsachen entsprachen. Zum Beispiel, dass der Irak die Inspektoren geschickt täusche.

"Eine der beängstigendsten Erkenntnisse aus unserem umfangreichen Geheimdienstmaterial über Iraks biologische Waffen ist die Existenz mobiler Produktionseinrichtungen zur Herstellung biologischer Stoffe. Ich möchte Ihnen dieses Material zeigen und was wir von Augenzeugenberichten wissen. Wir haben Berichte aus erster Hand über biologische Waffen-Fabriken auf Rädern und auf Schienen. Die LKWs und Eisenbahn-Waggons können leicht bewegt werden und entgehen so ihrer Entdeckung durch die Inspektoren. Innerhalb weniger Monate können sie dieselbe Menge an Gift herstellen, die der Irak zugibt, in den Jahren vor dem Golfkrieg hergestellt zu haben."

Ein peinlicher Auftritt

Die Geheimdienste und das Weiße Haus hatten Powell gezielt Fehlinformationen gesteckt, damit dieser die Weltöffentlichkeit irreführen sollte. Ein peinlicher Auftritt, wie man später erkannte. Zunächst aber waren viele überrascht, mit welch scheinbarer akribischer Genauigkeit Washington sich über den Stand der geheimen Rüstung im Irak informiert hatte.

7. März 2003: UN-Waffeninspekteur Hans Blix vor dem UN-Sicherheitsrat, Quelle: AP
7. März 2003: UN-Waffeninspekteur Hans Blix vor dem UN-SicherheitsratBild: AP

Nur Länder wie Deutschland und Frankreich blieben den amerikanischen Behauptungen gegenüber zurückhaltend und misstrauisch und waren nicht bereit, die Kriegsvorbereitungen der USA zu unterstützen. Wobei sie sich unter anderem auf die regelmäßig vorgetragenen Berichte des Chefs der UN-Waffeninspektoren, Hans Blix, verließen. Der Schwede zeichnete noch sechs Tage vor Kriegsbeginn ein weitaus differenzierteres Bild.

"Geheimdienste haben behauptet, dass Massenvernichtungswaffen auf Lastwagen im Irak herumgefahren werden, vor allem, dass es mobile Produktionseinheiten für biologische Waffen gebe. Der Irak bestreitet solche Aktivitäten. Mehrere Inspektionen wurden an offiziell genannten und an vermuteten Plätzen im Zusammenhang mit mobilen Produktionseinrichtungen durchgeführt. Dabei wurden mobile Test-Labors für Lebensmittel überprüft und mobile Werkstätten wie auch Anlagen zur Behandlung von Saatgut. Bisher ist kein Beweis für verbotene Aktivitäten gefunden worden."

Gedrängt, bestochen und gefügig gemacht

Blix blieb ein Rufer in der Wüste: Washington hatte längst eine internationale Koalition zusammengebracht, die die USA bei den Vereinten Nationen und später dann auch beim Krieg im Irak unterstützten. Ein Teil dieser Staaten – besonders in der Dritten Welt - war dazu gedrängt, bestochen und gefügig gemacht worden. Andere - wie das Großbritannien unter Tony Blair – folgten Bush aus Überzeugung.

Sie teilten dessen strategische Pläne im Nahen und Mittleren Osten und ließen sich berauschen von den hochtrabenden Zielen, im Irak eine Welle der Demokratisierung für die ganze Region auslösen zu wollen. Oder wie Bush es nach den ersten Angriffen am 20. März 2003 sagte: Dass man den Irak entwaffnen, sein Volk befreien und die Welt vor ernster Gefahr bewahren könne.