Investitionen trotz Terrorismus und Energiekrise
1. November 2013"Jedes Mal wenn es wieder in Pakistan einen Anschlag gibt, dann wird es ein bisschen schwieriger." Ali Asghar schüttelt den Kopf. Der Pakistaner, der in Hamburg lebt, berät deutsche Unternehmer, die in Pakistan Fuß fassen wollen. Es gebe, sagt Asghar recht diplomatisch, schon eine gewisse Vorsicht bei vielen Unternehmern beim Thema Pakistan.
Denn die Sicherheitslage bleibt vor allem in den Grenzgebieten des Landes angespannt, doch auch in größeren Städten kommt es zu Anschlägen und Entführungen. Ein Banker, der vor ein paar Jahren nach Karatschi gezogen ist, nickt: An den bewaffneten Wachmann, der seine Kinder in den Kindergarten begleite, habe er sich erstmal gewöhnen müssen. "Jetzt findet mein Sohn das cool, aber will ich wirklich, dass er so aufwächst?" Der Mann zuckt die Schultern.
Asghar und der Banker sind an diesem Mittwoch (30.10.2013) nach Berlin gekommen für den "Pakistan Day" der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), bei dem der Ministerpräsident (Chief Minister) der größten pakistanischen Provinz Punjab, Shabaz Sharif, zusammen mit Vertretern der Textilindustrie und Investitionsbehörde um deutsche Unternehmen wirbt.
"Flugzeuge voller Investoren"
Deutschland ist Pakistans viertgrößter Handelspartner, das bilaterale Handelsvolumen liegt nach Angaben des Auswärtigen Amtes bei zwei Milliarden Euro pro Jahr. Pakistan ist damit für Deutschland wirtschaftlich gesehen relativ unbedeutend - noch: "Wenn es keine Sicherheitsprobleme gäbe, dann würden ganze Flugzeuge voll Investoren nach Pakistan fliegen", versichert Sharif.
Dafür gibt es Applaus aus dem Publikum, in dem deutsche Unternehmer die Minderheit sind. Denn es gebe schließlich lukrative Investitionsmöglichkeiten, so Sharif .Große Unternehmen wie Siemens etwa hätten gute Gewinne erziehlt. "Das stimmt doch?" fragt Sharif in Richtung des Siemens-Vertreters. Dieser widerspricht zumindest nicht.
Paradies Pakistan - "wenn man keine Angst hat"
Allerdings will die pakistanische Delegation vor allem mittelständische Unternehmen aus Deutschland ins Land locken: Die Diskussionen drehen sich immer wieder um Solarenergie, Biomasse, aber auch um Pharmatechnologie und Textilindustrie. Muhammad Zubai Umar, der Vorsitzende der Pakistanischen Investitionsbehörde, preist die flexiblen Strukturen der Wirtschaft, dank derer ausländische Investoren zu 100 Prozent Eigentümer sein dürfen. "Das ist einmalig in der Region", betont Umar.
Hermann Kreutzmann, Professor an der Freien Universität Berlin, grinst: "Keine Umweltauflagen, keine Steuerauflagen – Pakistan ist das Paradies für Unternehmer." Allerdings nur, fügt der Pakistanexperte dann hinzu, "wenn man keine Angst hat".
Außerdem erschwerten Bürokratie und Korruption den Handel: "In Pakistan müssen Sie durch 1000 Türen gehen, bevor Sie endlich ihr Ziel erreichen", erzählt ein pakistanischer Unternehmer, der im Pharmabereich arbeitet. "In Deutschland nur durch eine." Außenminister Guido Westerwelle mahnt an, dass trotz aller Reformen die Rechtssicherheit für Investoren verbessert werden müsste. "Ich ermutige die Regierung, die Reformen weiter voranzutreiben, auch wenn einige der nötigen Schritte unbeliebt sein werden."
Immer wieder geht das Licht aus
Etwa beim Thema Energie: Die Regierung habe erste Schritte unternommen, um das "Energie-Defizit" in den Griff zu bekommen, so Sharif, und etwa die Strompreise erhöht. Seit Jahrzehnten kämpft Pakistan mit einer Energiekrise: Immer wieder gehen in Pakistans Städten und Dörfern die Lichter aus, weil die Infrastruktur fehlt und viele ihre Rechnungen nicht bezahlen. Das treibt die Betriebskosten in die Höhe. Vor allem die Textilindustrie, die gegen Konkurrenten aus Bangladesch und Sri Lanka ankämpfen muss, hat damit zu kämpfen.
Dank gab es deshalb von pakistanischer Seite für eine deutsche Fürsprache: Die Bundesrepublik setzt sich ein für die Aufnahme Pakistans in das Allgemeine Präferenzsystem (GSP Plus) der EU. Damit würden in bestimmten Bereichen Tarifzölle entfallen, profitieren würde vor allem die Textilindustrie. "Ich bin sicher, dass Pakistan den Anforderungen entspricht", so Anne Ruth Herkes, Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Sie erwarte noch in diesem Jahr eine Abstimmung in der Europäischen Union.
Radikalismus bleibt größtes Problem
Die Terroristen operierten nur in einzelnen Gebieten, sein Bundesstaat Punjab sei wetgehend verschont geblieben, betont Sharif. Dennoch bleibe die größte Herausforderungen für Pakistan weiterhin der Extremismus. "Aber wir kämpfen gegen dieses Krebsgeschwür."
Die Regierung habe den Mut bewiesen, mit den Taliban zu verhandeln, sagt Sharif. Sein Bruder Nawaz Sharif ist seit Juni Pakistans Premierminister und hat den Taliban Gespräche angeboten - ein Schritt, der nicht von allen gut geheißen wird. Auch hat Pakistan die USA aufgefordert, ihr Drohnenprogramm zu beenden. Frieden mit den Taliban? Der Unternehmer Asghar schüttelt den Kopf. Er habe da wenig Hoffnung.