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Internationales Gedenken

Daniel Pelz, z.Zt. Johannesburg11. Dezember 2013

Hunderttausende haben Nelson Mandela beim zentralen Staatsakt in Johannesburg gedacht. 91 Staatsoberhäupter sind eingeflogen - eine Rekordzahl. Überall in Südafrika verfolgten die Menschen die Feier auf Leinwänden.

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Nelson Mandela Zeremonie Beisetzung Stadion Junge Plakat
Bild: Reuters

Wie lange Bindfäden prasseln die Regentropfen aus den grauen Wolken über Johannesburg. Doch Janet Völkel hat das nicht abgehalten. Seit zwei Stunden sitzt die 51-Jährige auf einem der roten Plastiksitze im Stadion Ellis Park - einem der vielen Übertragungsorte der Trauerfeierlichkeiten. Immer wieder wickelt sie die Decke in den Farben der südafrikanischen Flagge enger um Oberkörper und Beine, um die Kälte abzuwehren. Damit gehört sie zu den wenigen hundert Menschen, die es bei dem Wetter hier aushalten. Tatsächlich ist das Stadion fast leer - und nicht nur das Wetter hält Menschen ab: Der Festakt ist kein Feiertag, viele Südafrikaner müssen arbeiten.

"Es war klar, dass ich komme. Ich möchte einem der größten Menschen der Welt gedenken", sagt die weiße Südafrikanerin. Als eine Freundin sie am vergangenen Freitag angerufen habe und vom Tod Mandelas erzählte, habe sie erst einmal geweint, berichtet die Schwimmlehrerin.

Festakt im Regen

Wie so viele schaut sie sich eine der zahlreichen Live-Übertragungen an, weil sie beim zentralen Festakt keinen Platz gefunden hat. Der findet im FNB-Stadion in Soweto statt, das 95.000 Menschen fasst. Seit den frühen Morgenstunden haben die Menschen dort angestanden, um an der Feier teilnehmen zu können.

91 Staatsoberhäupter gedenken dort Nelson Mandela - es ist eines der größten Treffen von Staatsoberhäuptern überhaupt. Die Namensliste reicht vom US-Präsident Barack Obama bis zum afghanischen Präsidenten Harmid Karzai. Aber auch Politiker, die im Westen nicht gern gesehen sind, sitzen auf der Tribüne: Kubas Staatschef Raúl Castro oder Simbabwes Präsident Robert Mugabe, der von den Südafrikanern mit lautem Jubel begrüßt wird.

Die Mandela-Familie ist vollständig versammelt - das Publikum jubelt vor allem seiner Exfrau Winnie zu, mit der Nelson Mandela lange Zeit als das Traumpaar der Nation galt. Im Vergleich dazu eher zurückhaltenden Applaus bekam Mandelas zweite Frau Graca Machel, die zumeist ihrem Mann das Rampenlicht überließ.

Regenbogennation für einen Tag

Mandela Trauerfeier Johannesburg 10.12.2013 Obama und Castro
Einen Moment die Differenzen außer acht lassen: Präsident Obama begrüßt Kubas Präsidenten CastroBild: Reuters

Fünf Stunden dauert der Festakt schließlich; die Redner im FNB-Stadion sind voll des Lobes für Nelson Mandela. Er spüre "Trauer über einen gewaltigen Verlust und Freude über ein gewaltiges Leben", sagt UN-Generalsekretär Ban-Ki Moon in seiner Rede. Immer wieder beschwört er die Regenbogennation, die Mandela geschaffen habe.

Doch der Festakt wird auch ein Stück zur politischen Bühne. Staatspräsident Jacob Zuma hält eine bewegende Rede auf Mandela. Wie bereits bei Mandelas 90.Geburtstag 2008 will er sich auch jetzt wieder als Mandelas politischer Erbe präsentieren - wohl auch, um sich die Unterstützung der Mandela-Anhänger bei den kommenden Wahlen zu sichern. „Mandela hat uns 27 Jahre lang jeden Tag inspiriert“, sagt Zuma. Ausführlich lobt er, wie Mandela zu seiner Gefängniszeit die Verhandlungen mit der Apartheidregierung aufnahm und das Land auf den Weg in die Freiheit führte. Das Publikum ist wenig begeistert; Zuma erntet Buhrufe - ungewiss zunächst, ob wegen seiner Rede oder seiner bisherigen politischen Bilanz. Südafrikanische Medien berichten, dass sich viele Zuhörer während seiner Rede unterhielten.

Mandela Trauerfeier Johannesburg 10.12.2013
Singend feiern die Südafrikaner ihren "Tata", den Landesvater MandelaBild: Reuters

Auch US-Präsident Barack Obama nutzt die Chance, sich als großer Staatsmann zu profilieren, der sich um die Weltlage sorgt. Er lobt Mandela als "Giganten der Geschichte", doch dann ist die Gegenwart an der Reihe. "Es gibt zu viele Führer auf der Welt, die sich öffentlich mit Mandelas Kampf für die Freiheit solidarisch erklären, aber in ihrem eigenen Land keinen Widerspruch dulden", donnert Obama ins Stadion. Es bleibt offen, ob er damit Simbabwes Staatschef Robert Mugabe meint, der auf einem der Ehrenplätze sitzt. Versöhnliches hat Obama kurz darauf aber auch zu bieten: "Nelson Mandela erinnert uns, dass manche Dinge unmöglich erschienen - bis man sie möglich gemacht hat."

Bundespräsident besucht historischen Ort

Bundespräsident Gauck besucht nach der Gedenkfeier noch einen historischen Ort: Die Liliesleaf Gedenkstätte in Johannesburg. Hier wurde die Führung der Untergrundbewegung 1963 verhaftet - und Nelson Mandela danach zu lebenslanger Haft verurteilt. Zwischen schwarz-weißen Fotos trägt Gauck sich in das Gedenkbuch ein.

Mandela Trauerfeier Johannesburg 10.12.2013
Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck nahm mit seiner Frau an der Feier teilBild: picture alliance/AP Photo

„Wovor wir uns wirklich verneigen können, ist, dass ein so kämpferischer und entschiedener Mann so gütig sein kann und all die Schmerzen und die Verbitterung in Versöhnungsbereitschaft umwandeln konnte. Damit ist er eine der ganz großen Persönlichkeiten des 21. Jahrhunderts geworden“, sagt Gauck danach den wartenden Journalisten. Zwar habe er nach dem Ende der Apartheid manchmal einen schärferen Kurs bei der Aufklärung der Verbrechen gewünscht - doch sehe er ein, dass dies im Interesse der Stabilität des Landes nicht möglich gewesen wäre.

Trauer und Dankbarkeit

Trauer und Dankbarkeit - das sind die Gefühle der Zuschauer auch in Ellis Park, die auf drei großen Bildschirmen die Übertragung aus dem FNB-Stadion verfolgen. Die Politik ist für sie heute weit weg. "Ich hatte es ja erwartet, dass er sterben würde, und versucht, mich darauf einzustellen", sagt Janet Völkel. Trotzdem habe die Nachricht sie aufgewühlt.

Wenige Plätze weiter sitzt Salomon Motokoe. Der 48-jährige Beamte empfindet ganz ähnlich. "Ich war erschüttert, als ich von seinem Tod hörte", sagt er, das Gesicht ernst und nachdenklich. Aber dann erzählt er von den Verdiensten Mandelas - und lächelt breit: Er verdanke ihm ein freies Südafrika, sagt Motokoe. "Das bedeutet alles für mich: dass ich gehen kann, wohin ich will; dass ich leben kann, wo ich will; dass ich Bildung erlangen durfte." Immer wieder zeigt Motokoe dabei auf das Mandela-Portrait auf seinem weißen T-Shirt. "Tata (Vater), wir lieben dich", steht auf der Rückseite.

Mandela-Trauerfeier im Stadium Ellis Park
Dinge, die bleiben: Nelson Madela inspiriert Generationen für eine bessere ZukunftBild: DW/D. Pelz

Auch die 27-Jährige Alicia trägt so ein T-Shirt. Sie ist mit ihrer indischstämmigen Freundin gekommen. "So schlimm wie sein Tod ist - ich finde es schön, dass weiße, farbige und schwarze Südafrikaner zusammenkommen." Ihre Hoffnung: "Das ist ein Trend, der bestehen bleiben wird."