Einwanderermuseum Ellis Island
12. Dezember 2010Die Freiheitsstatue, das Symbol für die Neue Welt, kann man von Ellis Island im New Yorker Hafen gut sehen. Auf die Freiheit in Amerika richtete sich die Sehnsucht von fast 12 Millionen Einwanderern, die in Ellis Island ankamen, darunter rund eine Million Deutsche. In dem riesigen Durchgangslager entschieden Einwanderungsinspektoren, wer einreisen durfte oder zurückgeschickt wurde. Heute ist die Einwandererinsel ein Museum, das ein Zentrum für Ahnenforschung beherbergt.
So wie heute die Touristen kamen von 1892 bis 1954 die Einwanderer mit kleinen Fähren und Booten nach Ellis Island. Nach der Überfahrt auf dem Ozeandampfer wurden die ärmeren Passagiere der dritten Klasse und des Zwischendecks mit Sack und Pack nach Ellis Island verschifft. Die kleine Gruppe der reichen Passagiere der ersten und zweiten Klasse durfte am Übersee-Kai von Bord gehen. Auf der Insel betrat die große Masse der Einwanderer ein Backsteingebäude mit vier trutzigen Türmen. In einer 5000 Personen fassenden Halle warteten sie auf die Inspektion ihrer Papiere und ihrer Gesundheit, erzählt Vincent Dipietro vom Ellis Island Museum.
Einwanderer, die ansteckende Krankheiten hatten oder zu schwach waren, um zu arbeiten, wurden zurück geschickt. Kinder über zwölf Jahren, die krank waren, konnten alleine die Rückreise antreten. Die Eltern, die ihr ganzes Vermögen für die Überfahrt ausgegeben hatten, mussten entscheiden, ob sie mit dem Kind zurück gingen oder ob Vater oder Mutter in Amerika blieben. Ellis Island bekam angesichts dieser dramatischen Entscheidungen den Spitznamen Insel der Tränen. "Viele Leute haben hier geweint, weil sie nicht genau wussten, was mit ihnen passiert. Sie hatten keine Informationen, was wie erwartet. Für die meisten war es aber eine Insel der Hoffnung, weil sich ihr Traum erfüllte, nach Amerika einzuwandern. Und 98 Prozent durften auch tatsächlich bleiben", erklärt Vincent Dipietro vom Ellis Island Museum.
Im Archiv von Ellis Island schlummern die Passagierlisten der Einwandererschiffe. Im April 2000 öffnete das Zentrum für die Geschichte von Immigrantenfamilien. Dort können die Nachkommen der Einwanderer an Computerterminals nach ihren Familien fahnden. "Ich suche nach meine Großeltern. Sie kamen von Hamburg und Berlin nach Amerika, ungefähr 1890 bis 1920", sagt Helga Mahlmann während sie auf dem Bildschirm Listen durchsucht. "Ich suche nach dem Schiff und Hinweisen, die sagen, wo sie ankamen."
Helga Mahlmann aus Oakland in Kalifornien schaut sich auf dem Computerbildschirm die fünfzig Einwanderer mit dem Namen Mahlmann an, aber keiner will vom Alter her und vom Einschiffungshafen her so recht passen. Manchmal wurden die Namen falsch geschrieben, deshalb schaut sie auch unter Mehlmann nach.
Der Computer zeigt jetzt einen Karl Mehlmann aus Hamburg an, der 1908 in Bremerhaven aufbrach. "Das muss mein Großvater sein. Das ist toll. Jetzt hab ich es gefunden", glaubt Helga Mahlmann. Sie ist begeistert und lässt sich die Originalpassagierliste kopieren. Das hänge ich gerahmt im Wohnzimmer auf, meint Helga Mahlman. Sie ist in den USA geboren, hat mit ihren Eltern zuhause aber immer Deutsch gesprochen. Die Sprache hat sie auch ihren Kindern beigebracht.
Jeden Tag kommen rund 6000 Touristen nach Ellis Island - mehr als die in Spitzenzeiten hier durchgeschleusten Einwanderer. Viele sind auf der Suche nach ihren deutschen Wurzeln. Rund ein Viertel aller Amerikaner stammt von deutschen Einwanderern ab.
1954 wurde das Durchgangslager Ellis Island geschlossen. Die Einwandererwelle ebbte ab und die meisten kamen nicht länger per Schiff, sondern per Flugzeug. Erst 1990 wurde die restaurierten Gebäude auf der Insel der Tränen und der Hoffnung als Museum wieder eröffnet.
Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Hartmut Lüning