Initiative pro Seidenstraße weist Kritik zurück
2. April 2019"Sollten einige Länder glauben, man kann mit den Chinesen clevere Geschäfte machen, werden sie sich wundern und irgendwann in Abhängigkeiten aufwachen". Mit diesen Worten kommentierte der deutsche Außenminister Heiko Maas vor kurzem den Beitritt Italiens zu Chinas Seidenstraßenprojekt, auch Belt and Road-Initiative (BRI) genannt.
Chinas hunderte Milliarden schweres Infrastruktur- und Investitionsprojekt wird von vielen Regierungen im Westen misstrauisch beäugt, weil es ein strategisches, staatlich gesteuertes und teilweise finanziertes Projekt ist, bei dem Chinas Interessen im Vordergrund stehen und es an Chancengleichheit bei Ausschreibungen und an transparenten Verfahren mangelt. Konkret sichtbar ist das Projekt in Westeuropa bislang durch Güterzugverbindungen, etwa von der nordchinesischen Hafenstadt Weihai (Artikelbild) nach Duisburg.
"China hat einen Plan"
Trotz der genannten Vorbehalte sollte sich die deutsche Wirtschaft nicht von einer stärkeren Beteiligung zurückhalten, denn "China hat einen Plan und wird diesen auch weiterhin verfolgen, mit oder ohne Europa, mit oder ohne Deutschland". So Verbandssprecher Hans von Helldorff auf der Gründungsveranstaltung des "Bundesverbandes Deutsche Seidenstraßen Initiative e.V." vergangenen Freitag in der Bremer Handelskammer.
Der Verband setzt sich für die Beteiligung deutscher Mittelstandsunternehmen an Projekten entlang der neuen Seidenstraße, unter anderem in Zentralasien, ein. Diese Beteiligung wird nach Ansicht des Verbandes bislang nicht ausreichend durch die deutsche Politik unterstützt. Helldorff hatte Mitte März in den Tagesthemen der deutschen Bundesregierung sogar "Blockadepolitik" vorgeworfen, was von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in derselben Sendung mit Unverständnis quittiert wurde.
"Eurasische Achse in neuer Weltwirtschaftsordnung"
Die in der "Bild"-Zeitung geäußerte Kritik, dass der Verband Lobby-Arbeit für China mache und dabei Menschenrechte, Umweltschutz und Arbeitsstandards hintanstelle, weist Helldorff gegenüber der DW zurück: "Wir sind völlig entsetzt über diese haltlosen Vorwürfe und Behauptungen, wir würden dazu auffordern, die westlichen Werte aufzugeben. Das ist ein völliger Quatsch." Vielmehr trete man für die soziale Marktwirtschaft ein, sie sei "ein Exportartikel." Und weiter: "Im Zusammenhang mit einer neuen Weltwirtschaftsordnung wird eine eurasische Achse zukünftig ein Eckstein in einer völlig neuen globalen Zusammenarbeit sein."
Vor der offiziellen Gründungsveranstaltung in Bremen, bei dem als Gastredner auch der chinesische Generalkonsul in Hamburg, Du Xiaohui, teilnahm, war der Verband bereits "fast zwei Jahre lang inoffiziell aktiv, um Informationen zu sammeln und Kontakte aufzubauen", erläutert Helldorff. Bereits vor rund einem Jahr habe man einen Registrierungsantrag als Verein in Bremen gestellt, allerdings habe es beim Bremer Finanzamt immer Zweifel an der Gemeinnützigkeit gegeben. Im Januar stellt der Verband dann in Hamburg den Antrag und dort "wurde er sofort genehmigt."
Unterstützung durch Chinas Generalkonsulat in Hamburg
Die Frage der DW an den chinesischen Generalkonsul, ob er bei der Gründung des Verbandes mitgewirkt habe, beantwortete der Diplomat ausweichend: "Für Auslandschinesen sind wir wie Zuhause, für Europäer, die sich für China interessieren, sind wir Brücken." Du Xiaohui appellierte an Deutschland und die EU, "die Seidenstraßeninitiative nicht mehr zu ideologisieren." Stattdessen solle man "diese Chance aus China ergreifen."
Eine seltene kritische Stimme auf der Gründungsveranstaltung kam vom Geschäftsführer der Bremer Handelskammer, Volkmar Herr: "Eine Win-Win-Situation wird nur durch gleiche Bedingungen entstehen, daher muss mit China ein offener Dialog geführt werden, wie die künftige Wertschöpfungskette weltweit gestaltet wird."
Deutsche Häfen - Gewinner oder Verlierer?
Christian Pegel, Infrastrukturminister von Mecklenburg-Vorpommern, sprach sich dafür aus, in erster Linien die Chancen der Seidenstraßeninitiative zu sehen anstelle der Risiken. Im Gespräch mit der DW erläuterte er, Ostsee-Häfen wie Rostock könnten durch erhöhte Handelsvolumen mit China schneller wachsen. Ein Verkauf des Hafens wie im griechischen Piräus komme allerdings nicht infrage. "Es geht gar nicht darum, Geld aus China zu bekommen, sondern darum, den Hafen zusammen zu nutzen, also die Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe zu gestalten."
Christian Gutschmidt, Referatsleiter Internationales vom Bremer Senat, sah aber nicht nur Vorteile für die deutschen Häfen: Wenn die Frachtschiffe aus China nicht mehr in Bremen oder in Hamburg ihre Fracht löschen, sondern in Piraeus oder Genua, weil die Häfen viel näher und durch die Seidenstraßeninitiative ans Hinterland angebunden sind, sei das auch ein Risiko für die deutsche Wirtschaft.