Ingmar Bergman
9. November 2008Kurz vor seinem Tod hat Ingmar Bergman einem deutschen und einem schwedischen Verlag Einblick in sein Privatarchiv gewährt und die Erlaubnis erteilt, daraus ein Buch zu machen. Herausgekommen ist nun ein fast sechs Kilogramm schwerer Prachtband, der das Werk des Künstlers auf 592 großformatigen Seiten präsentiert. In sieben Kapiteln breiten die Herausgeber, der Filmpublizist Paul Duncan und Bergmans langjähriger persönlicher Fotograf Bengt Wanselius, die Filme des Schweden vor dem Betrachter aus. Dabei wird den unbekannten Werken genauso großer Raum eingeräumt wie Bergmans Klassikern.
Magier des Kinos
Über 50 Filme hat der schwedische Meisterregisseur gedreht, frühe Meisterwerke wie "Wilde Erdbeeren" , skandalträchtige Zeitbilder wie "Das Schweigen" und moderen Beziehungsklassiker wie "Szenen einer Ehe". Im Buch leben diese Werke wieder auf, vor allem durch die enorme Leuchtkraft ihrer Bilder. Hier setzt der Band Glanzpunkte. In selten gesehener Brillanz erstrahlen vor allem die Schwarz-Weiß-Fotografien und erinnern mit ihren faszinierenden Nuancierungen und Hell-Dunkel-Kontrasten eher an die große Zeit der Filmfotografie Hollywoods als an den europäischen Autorenfilm. Doch Bergman war ein Europäer durch und durch. Seine oft philosophisch angelegten Dramen geizen nicht mit den großen Fragen der Menschheit. Bergman war immer auf der Suche nach Gott, nach dem Sinn des Lebens, von Krankheit und Tod, nach dem Ursprung der Liebe.
Manische Schaffenskraft
Doch Ingmar Bergman war nicht nur ein Mann des Kinos. Das macht der Band deutlich. In Zwischenkapiteln wird akribisch die Arbeit Bergmans jenseits des Kinos aufgelistet. Mindestens so wie er sich dem Medium Film verpflichtet fühlte war der Schwede ein Theaterbesessener. Ibsen und Strindberg, aber auch Moliere und Mozart inszenierte er immer wieder für die Bühnen Stockholms oder anderer europäischer Theatermetropolen. Und dann waren da noch Radioarbeiten, Fernsehstücke, Bücher und Texte für Zeitschriften: Bergman war ein arbeitswütiger Künstler, der nicht selten zwei oder drei große Projekte im Jahr vorantrieb - und das bis ins hohe Alter.
Arbeit in Deutschland
Fast zehn Jahre lebte und arbeitete Ingmar Bergman in Deutschland, zwischen 1976 und 1985 vor allem in München, nachdem er wegen eines Steuerverfahrens seine Heimat verlassen hatte. Neben zahlreichen Inszenierungen am Münchner Residenztheater entstanden dort auch Kino- und Fernsehfilme: Großproduktionen wie "Das Schlangenei", aber auch kleinere Fernsehfilme wie "Aus dem Leben der Marionetten". Hier besonders beeindruckend: die Abbildungen mit den blutjungen deutschen Darstellern Robert Atzorn und Rita Russek - heute bekannte Fernsehgrößen. Bei Bergman sammelten sie erste internationale Filmerfahrungen.
Bilder und Töne
Aber was wäre ein Buch über einen Filmregisseur ohne das bewegte Bild? Auch darauf gibt der opulente Band eine Antwort. Eine DVD mit frühen Filmen von und über Bergman und einer Reihe von "Making of"-Beiträgen erlauben Einblicke in einen eher unbekannten Teil des Werks des Schweden. Besonders originell: die kurzen Super-8-Filme, die Bergman in den frühen 1950er Jahren bei ersten Regieversuchen in Südschweden zeigen. Weitere Filme auf der DVD erlauben Blicke hinter die Kulissen. Die Dreharbeiten der Filme "Herbstsonate" mit Ingrid Bergman und Liv Ullmann oder "Sarabande" zeigen einen gereiften und gealterten Bergman am Set.
Der Band "Das Ingmar Bergman Archiv" ist in englischer Sprache erschienen. Ein Buch mit deutschen Texten ist beigelegt. Der Band hat 592 Seiten und kostet 150 Euro. Die DVD hat eine Laufzeit von 110 Minuten.