1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Industrie verteidigt Euro Hawk

Mathias Bölinger/ Bettina Marx29. Juli 2013

Der Drohnen-Untersuchungsausschuss geht in die Zielgerade. Am Montag stehen die Vertreter der Industrie den Abgeordneten Rede und Antwort. Die Entscheidung des Ministeriums halten sie für nicht nachvollziehbar.

https://p.dw.com/p/19GlK
Euro Hawk (Bild: Getty Images)
Bild: EADS/Getty Images

Janis Pameljans wirkte ein wenig so, als sei er zu Nachverhandlungen über den Kaufpreis für die Drohne Euro-Hawk nach Berlin gekommen. Mehrmals pries der Vizepräsident des amerikanischen Rüstungskonzerns Northrop Grumman das unbemannte Flugzeug als "billigstes und sicherstes System" für die Anforderungen der Bundeswehr, die ein neues Gerät zur Luftaufklärung anschaffen will. Northrop Grumman hat die amerikanische Drohne Global Hawk entwickelt, auf der der Euro Hawk beruht. Dieser, so führte Pamelijans aus, sei einsatzbereit, die Testphase könne jederzeit verlängert werden. Sollten die Deutschen eine Musterzulassung für den zivilen Luftraum anstreben, werde das höchstens 193 Millionen Euro kosten. Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte das Projekt im Mai gestoppt, weil die Zulassung der Drohne nach Ansicht des Ministeriums mit 600 Millionen Euro noch einmal so viel kosten würde, wie die gesamte Entwicklung. Diese Entscheidung ist nun Gegenstand im Untersuchungsausschuss des Bundestags, wohin Pameljans am Montag bestellt wurde.

"Projekt geht weiter"

Von einem Stopp des Projekts allerdings will der Manager nichts wissen. "Mir wurde bisher nicht mitgeteilt, dass das Programm eingestellt wird. Also gehe ich davon aus, dass es weitergeht", sagte Pameljans. Er klagte, vom Verteidigungsministerium nicht über Probleme mit der Zulassung informiert worden zu sein. Er selbst habe nach "Gerüchten" um ein Gespräch mit dem zuständigen Ministerialdirektor gebeten, wo er zum ersten Mal über Zulassungsprobleme informiert worden sei. Die zusätzlichen Kosten seien nicht absehbar gewesen. Northrop Grumman sei immer in dem Glauben gelassen worden, eine Zulassung aufgrund der amerikanischen Zertifizierung sei in Deutschland möglich.

Der Sitzungssaal von oben (Bild dpa)
Vollbesetzt trotz Sommerpause: der Verteidigungsausschuss vernimmt ZeugenBild: picture-alliance/dpa

"Der Minister behandelt das Parlament, die Öffentlichkeit und die Firmen gleich schlecht. Er redet nämlich auch mit Firmen nicht über relevante Entscheidungen", sagte der SPD-Vertreter in dem Ausschuss, Rainer Arnold, nach der Sitzung. Der Vertreter der FDP-Fraktion, Joachim Spatz, machte dagegen die Vorgängerregierungen verantwortlich, die die Vertragsverhandlungen seit 2001 geführt hatten. Sie hätten den US-Konzern nicht ausreichend über das komplizierte deutsche Zulassungssystem informiert. Die Grünen dagegen glauben, den Verträgen entnehmen zu können, dass alle Zulassungsvoraussetzungen bereits von Anfang an bekannt waren. "Es ist sehr wohl möglich, die Industrie in Haftung zu nehmen und Regressforderungen zu stellen", sagte ihr Sprecher Omid Nouripour.

Vom Prototyp zur Serienreife

Weiter Turbulenzen um die Drohne

Auch Bernhard Gerwert, Chef von Cassidian, der Rüstungssparte des Konzerns EADS, hält die Entscheidung des Ministers, auf eine serienmäßige Beschaffung der Aufklärungsdrohne Euro Hawk zu verzichten, für nicht nachvollziehbar. Cassidian hat das ISIS-Aufklärungssystem entwickelt, das mit dem Euro Hawk in eine Höhe von rund 20 Kilometer befördert werden sollte. Ein Prototyp wurde bereits erstellt und soll Ende September abgenommen werden. Seine Firma habe mit dem Verteidigungsministerium lediglich einen Entwicklungsvertrag abgeschlossen, unterstrich Gerwert. Es sei nicht Aufgabe gewesen, eine Musterzulassung zu erreichen. Dieses Risiko hätte Cassidian nicht tragen können und hätte daher einen solchen Auftrag auch nicht angenommen. "Wenn Bedingung gewesen wäre, die Drohne muss im deutschen Luftraum fliegen, hätten weder Northrop Grumman noch wir unterschrieben." Auch einen Vertrag für die serienmäßige Herstellung der Aufklärungsdrohne gebe es nicht. Daher könne man auch nicht von einem Stopp des Projektes sprechen. De Maizière hatte erklärt, er habe die Reißleine gezogen, nachdem die Kosten für den Euro Hawk aus dem Ruder gelaufen seien.

Thomas de Maizière (Bild: dpa)
Verteidigungsminister Thomas de MaizièreBild: picture-alliance/dpa

Keine Zulassung in Deutschland

Der EADS-Manager fügte hinzu, ihm sei von Anfang an klar gewesen, dass der Euro Hawk in Deutschland keine Zulassung für den zivilen Luftraum bekommen würde. Eine Zulassung für den militärischen Luftraum habe er aber für möglich gehalten. Das würde bedeuten, dass der zivile Luftraum für Start und Landung der Drohne gesperrt wird. Außerdem hätte man den Euro Hawk mit einer vorläufigen Verkehrzulassung zwei bis drei Jahre lang verwenden und danach über eine Serienzulassung entscheiden können. Während der Befragung durch die Abgeordneten wurde deutlich, dass Gerwert auch weiterhin den Euro Hawk als Trägerplattform für das Aufklärungssystem ISIS favorisiert. Andere verfügbare Drohnen wie die israelische Heron TP oder noch in der Entwicklung befindliche Flugzeuge seien nicht geeignet.

Rückendeckung der Kanzlerin

Am Mittwoch wird der Verteidigungsminister vor dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Von der Opposition wird er inzwischen offen der Lüge bezichtigt. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte seinen Rücktritt oder seine Entlassung. Bundeskanzlerin Angela Merkel aber will den Minister im Amt halten. Regierungssprecher Georg Streiter erklärte, Merkel habe immer gesagt, dass sie ihm vertraue und ihn schätze. "Einen größeren Rückhalt kann man sich doch gar nicht wünschen", so der stellvertretende Regierungssprecher.