Indigene Brasiliens, vereinigt Euch!
Politik mit Pfeil und Bogen: Brasiliens Ureinwohner wollen nicht nur demonstrieren, sondern mitbestimmen. Gelingt ihnen bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Oktober der Sprung in die Politik?
Jetzt sind wir dran
Rund 2500 Indigene demonstrierten in Brasilia während der nationalen Woche für Mobilisierung gegen die Verdrängung aus ihren traditionellen Gebieten. Sie werfen Brasiliens Präsident Michel Temer vor, die Ausweisung von Reservaten zu blockieren und verzögern und den Interessen der Agrarindustrie nachzugeben.
500 Jahre Kampf ums Überleben
Einst waren sie vom Aussterben bedroht. Die Zahl von Brasiliens Ureinwohnern sank seit der portugiesischen Kolonisierung von rund drei Millionen im Jahr 1500 auf einen absoluten Tiefstand von nur 70.000 Menschen im Jahr 1957. Mittlerweile ist die Bevölkerung auf rund 800.000 Menschen angewachsen.
Fremdbestimmung statt Mitbestimmung
500 Jahre Kolonialherrschaft, 500 Jahre politische Entmündigung. In der bisherigen Geschichte Brasiliens gelang es bisher nur einem einzigen Ureinwohner der Einzug ins Parlament: Von 1983 bis 1987 mischte der damalige Häuptling Mario Juruna (1943-2002) Brasília auf. Zurzeit sind Ureinwohner weder im Kongress in Brasilia noch in den 27 Landesparlamenten vertreten.
Marsch durch die Institutionen
Das soll sich ändern. Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober dieses Jahres soll mindest ein Indigener pro Bundesland für den Kongress kandidieren. Nach Angaben der brasilianischen Vereinigung für Indigene (APIB) gibt es zurzeit 36 Vorkandidaten für Parlament, Landtage, den Senat und für das Amt des Vizepräsidenten.
Ikone Raoni
Der berühmte Häuptling Raoni Metuktire vom Volk der Caiapó rief die Indigenen in Brasilia zur Einheit und Solidarität auf. Indigene sollten für ihre eigenen Kandidaten stimmen und nicht für "Weiße", forderte er. Der Caiapó-Häuptling kämpft seit über 50 Jahren für die Rechte von Brasiliens Ureinwohner und wurde im Karneval 2017 in Rio mit einem Umzug geehrt.
Fracking, nein danke!
Gold, Erdöl, Eisenerz: In den Schutzgebieten von Brasiliens Ureinwohnern lagern wertvolle Rohstoffe. Für die Bewohner wird es deshalb immer schwieriger, ihre Reservate gegen den wachsenden wirtschaftlichen Druck zu verteidigen. Bei den Demonstrationen in Brasilia wurden diese Interessenkonflikte erneut thematisiert.
Die Polizei muss warten
Auch wenn Indigene in der brasilianischen Gesellschaft oft als rückständig gelten: Die junge Generation ist längst im digitalen Zeitalter angekommen. Die Vernetzung erleichtert nicht nur die Kommunikation im riesigen Amazonasgebiet, sie hilft auch bei der medizinischen Versorgung und Ernährung - und gegen Polizeigewalt.