Erst vergewaltigt, dann ermordet
2. Juni 2014Das 22-jährige Opfer wurde nach offiziellen Angaben nackt und tot in einem Feld im Distrikt Bareilly im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh gefunden. Das ist ganz in der Nähe von Badaun, wo in der vergangenen Woche zwei Cousinen von mehreren Männern entführt, vergewaltigt und dann erhängt wurden.
Eine weitere Parallele: Auch diesmal soll die Polizei erst auf Druck gehandelt haben. Die junge Frau sei bereits am Samstag mit einem Plastikstrick um den Hals und Verbrennungen im Gesicht gefunden worden, berichtete die indische Agentur IANS. Doch erst, nachdem eine Frauenrechtsgruppe eine Stellungnahme veröffentlichte, hätten die Beamten ermittelt. Eine Autopsie habe am Montag gezeigt, dass sie vor ihrem Tod noch gezwungen wurde, Säure zu trinken. Zahlreiche Menschen machen die Lokalregierung in Lucknow für eine wachsende Gesetzlosigkeit in Uttar Pradesh verantwortlich.
Tränengas bei Demonstration gegen Vergewaltigung
Mehrere hundert wütende Bürger, die meisten von ihnen Frauen, versammelten sich vor dem Sitz der Regionalregierung in Lucknow und forderten mehr Schutz für Frauen und Gerechtigkeit für die Opfer. Die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke ein, um die Menschenmenge auseinanderzutreiben. "Wir werden hier bleiben, wir werden nicht aufgeben", sagte ein Demonstrant einem örtlichen Fernsehsender. Andere Teilnehmer der Protestaktion erklärten mit Blick auf die Misshandlungen von Frauen und Mädchen: "Wir werden nicht schlafen, wir werden bleiben, das muss aufhören."
Hemmschuh Kastenwesen
Der Regierungschef von Uttar Pradesh, Akhilesh Yadav, gehört genauso wie die meisten Polizisten des Bundesstaates und auch die mutmaßlichen Mörder der beiden Cousinen zu einer höheren Kaste. Viele Opfer aber stehen im Kastenwesen, das die indische Gesellschaft nach wie vor stark prägt, ganz unten. Die zwölf und 14 Jahre alten Opfer waren am vergangenen Mittwoch mehrfach vergewaltigt und erhängt aufgefunden worden. Ermittelt wird gegen fünf Verdächtige, darunter zwei Polizisten, die die mutmaßlichen Täter gedeckt haben sollen.
Die Ministerin für Frauen und Kinder in der Regierung des neuen indischen Premierministers Narendra Modi, Maneka Gandhi, sagte, die Polizei müsse stärker für das Thema sensibilisiert werden. "Ich denke, die Polizei hat eine sehr große Verantwortung, eine große Rolle in Fällen von Verbrechen gegen Frauen", sagte sie.
Im Dezember 2012 hatte die tödliche Gruppenvergewaltigung einer jungen Studentin in Neu Delhi in Indien Massenproteste gegen die alltägliche Gewalt gegen Frauen ausgelöst. Seitdem wurden die Strafen für Vergewaltigung verschärft - so steht etwa auf Vergewaltigung mit Todesfolge die Todesstrafe. Laut Frauenrechtlern werden aber Sexualverbrechen insbesondere in Uttar Pradesh weiterhin nicht ernsthaft geahndet.
qu/se (afp, dpa, APE)