1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

In Würde verfasst

Francis Wurtz25. Mai 2005

Francis Wurtz ist Fraktionsvorsitzender der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordischen Grünen Linken. Das grundlegendste Recht liegt dem Franzosen besonders am Herzen.

https://p.dw.com/p/6hA3
Francis Wurtz: Kritik an der Wirtschaftseinstellung der EUBild: dpa

Der wichtigste Artikel der Verfassung ist für mich der erste Artikel der Charta der Grundrechte der Europäischen Union: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen." Er drückt das Grundbedürfnis jedes Menschen aus.

Keine Einschränkungen bei der Würde

Außerdem darf keines der Rechte, die in der Charta festgelegt sind, dazu benutzt werden, die Würde eines anderen Menschen zu verletzten.

Glücklicherweise ist dieser Artikel nicht von den Erläuterungen zur Charta der Grundrechte betroffen, die unter dem Druck der britischen Repräsentanten in die Verfassung übernommen wurden. Im Gegensatz zu den Artikeln, die sich auf symbolische Rechte beziehen wie Nichtdiskriminierung, das Recht auf soziale Sicherheit und soziale Unterstützung, Recht auf Leben oder das Recht zu Streiken.

Ausgeprägter Wirtschaftswahn

Einer der Artikel, die die liberale Besessenheit des Entwurfes für eine Verfassung für Europa deutlich macht, ist Artikel III-131. "Die Mitgliedsstaaten setzen sich miteinander ins Benehmen, um durch gemeinsames Vorgehen zu verhindern, dass das Funktionieren des Binnenmarktes durch Maßnahmen beeinträchtigt wird, die ein Mitgliedsstaat bei einer schwerwiegenden innerstaatlichen Störung der öffentlichen Ordnung, im Kriegsfall, (…) trifft, die er im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Friedens und der nationalen Sicherheit übernommen hat."

Die Mitgliedsstaaten sollen sich also im Kriegsfall beraten, um den Frieden wiederherzustellen? Nein! Um zu "verhinder[en], dass das Funktionieren des Binnenmarktes" nicht beeinträchtigt wird.

Seltsame Verfassungsaspekte

Die einfache Tatsache, dass sich die Verfasser des Entwurfes so etwas Empörendes ausgedacht haben könnten und dass die gemeinsame Prüfung des Textes nicht dazu geführt hat, diese Passage aus der Verfassung zu streichen, sollte jeden Bürger mit einem gesunden Menschenverstand stutzig machen.