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In der Krise ist keine Zeit für Grundsatzdebatten

20. März 2009

Die deutsche Regierung plant Anteilseigner der Hypo Real Estate zu enteignen. Das heizt die Diskussionen um Verstaatlichungen an. Zum falschen Zeitpunkt. Ein Kommentar von Sabine Kinkartz.

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Bild: DW

Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz – was für ein abschreckender Begriff. Das klingt so kompliziert, dass man sich damit eigentlich gar nicht befassen will. Umso erstaunlicher mutet an, mit welcher politischen Vehemenz seit Wochen darüber gestritten wird. Aber – wenn man genau hinsieht, dann wird auch gar nicht über das Gesetz als solches diskutiert. Denn dass es um die Hypo Real Estate Bank mehr als schlecht bestellt ist, dass die Bank ohne massive staatliche Intervention längst Pleite wäre und dass genau das unbedingt verhindert werden muss, weil sich alle an den Fall der Lehmann Brothers Bank erinnern und an die Folgen --- darüber sind sich in Berlin alle Politiker einig.

Nicht 'ob', sondern 'wie' ist entscheident

Es geht bei der Rettungsaktion nicht um das "ob", sondern um das "wie". Und jetzt wird es ideologisch. Jetzt geht es nämlich nicht mehr um Wege aus der Finanzkrise, sondern um die grundsätzliche Frage, welchen Stellenwert in der politischen und wirtschaftlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland das private Eigentum hat.

Eine Frage, die für die Jüngeren unter uns vielleicht ein bisschen nach politischer Mottenkiste klingt. Nach damals, als es noch zwei deutsche Staaten gab, als sich zwei politische Systeme, das marktwirtschaftliche und das sozialistische, unversöhnlich gegenüber standen. Als sich die Bundesrepublik primär auch über die Unantastbarkeit des privaten Eigentums definierte und das Wort Enteignung – symbolisch gesehen – auf einer Stufe mit Mord und Totschlag stand. Das ist nun fast zwanzig Jahre her, aber wenn man manchen Politikern glauben darf, dann sind wir kurz davor, den Sozialismus zurück zu bekommen.

Bankenpleite ließe Wellen hochschlagen

Die Diskussion mutet in der derzeitigen Situation ein wenig bizarr an. Immerhin geht es darum, die größte Finanzkrise der Nachkriegsgeschichte in den Griff zu bekommen. Und in der haben die Banken nun mal eine zentrale Bedeutung. Eine Bank ist kein kleiner Handwerksbetrieb, bei dem, wenn er pleite geht, einfach die Lichter ausgemacht werden und das war es dann. Wo nur einige wenige, die mit dem Betrieb Geschäfte gemacht haben, ebenfalls betroffen sind. Wenn eine große Bank zahlungsunfähig wird, dann ist das so, als wenn man einen Felsbrocken in einen Teich wirft. Der versinkt dann und schlägt solche Wellen, dass in konzentrischen Kreisen vieles von der Oberfläche ebenfalls in die Tiefe gezogen wird. Es steht zu viel auf dem Spiel.

Besondere Lage erfordert besondere Mittel

Es ist im Moment weder die Zeit noch der Ort für Grundsatzdebatten. Es muss gehandelt werden. Es muss - wenn es unbedingt sein muss, wenn es für das Allgemeinwohl wichtig und unabdingbar ist – auch die Möglichkeit geben, zu enteignen. Denn nicht mehr und nicht weniger ist das – ja ich nenne es jetzt noch einmal beim Namen – Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz. Es löst nicht automatisch die Enteignung der Altaktionäre aus. Es berechtigt die Bundesregierung lediglich, in letzter Konsequenz die Kontrolle über die Hypo Real Estate zu übernehmen. Nämlich genau dann, wenn die Aktionäre sich gegen die Maßnahmen stellen würden, mit denen die Bank saniert und damit gerettet werden soll. Denn ansonsten könnten Einzelaktionäre mit Hilfe einer Anfechtungsklage alles blockieren und verzögern. Das würde wieder Zeit kosten und genau die hat niemand.

Am 31. März schlägt auch bei der Hypo Real Estate die Stunde der Wahrheit. Dann müssen die Manager bei der Bankenaufsicht Farbe bekennen und offen legen, ob die Bank überhaupt noch genug eigenes Geld hat, um weiter im Geschäft zu bleiben. Wenn nicht, dann müsste die Bankenaufsicht das Institut schließen. Dann wäre nichts mehr zu retten.

Autor: Sabine Kinkartz

Redaktion: Insa Wrede