Immer wieder Afrika
23. Mai 2007Es gibt gute Gründe sich mit den Problemen Afrikas auseinander zu setzen. "Afrika ist der Sozialfall der Weltgesellschaft schlechthin", sagt der Afrika- und Entwicklungshilfeexperte Cord Jakobeit. Natürlich gelte diese Einschätzung nicht für alle Länder, aber oftmals habe sich die politische und wirtschaftliche Situation seit den Jahren der großen Hoffnung – nach dem Ende des kolonialen Jochs – eher verschlechtert als verbessert.
Zweifelhafter Schuldenerlass
Vor zwei Jahren beim G8-Gipfel von Gleneagles stand Afrika zuletzt im Fokus der reichsten Industrienationen. Es wurde beschlossen, die Entwicklungshilfe bis 2010 zu verdoppeln und die ärmsten Staaten von ihren Schuldenbergen zu befreien. Dazu wurde ein Erlass von 40 Milliarden Euro beschlossen - als Anreiz zur Selbsthilfe.
Denis Tull, Afrika-Experte der Stiftung für Wissenschaft und Politik, bewertet den Schuldenerlass grundsätzlich positiv. Allerdings sei eine solche Maßnahme auch nicht überzubewerten: "Man sollte das nüchtern betrachten. Die Schulden wurden erlassen - wohl wissend, dass sie niemals zurückgezahlt worden wären." Letztlich liege es in den Händen der afrikanischen Regierungen, ob freigewordene Mittel richtig eingesetzt würden.
Weltweit weniger EntwicklungshilfeIn den Millenniumszielen der Vereinten Nationen hat sich die Weltgemeinschaft zum Kampf gegen die weltweite Armut verpflichtet. Gerade die G8-Staaten bekräftigten dies immer wieder und wollen mit gutem Beispiel vorangehen. Doch die weltweite Entwicklungshilfe ist im vergangenen Jahr gesunken. "Die G8-Staaten sind wortbrüchig", kritisiert Jakobeit. "Mit der Selbstverpflichtung der G8-Staaten, den Beitrag zur Entwicklungshilfe signifikant zu erhöhen, sieht es finster aus."
Die neuesten OECD-Zahlen bestätigen diese Meinung. Insgesamt haben die 20 OECD-Mitgliedsstaaten im Jahr 2006 fünf Prozent weniger für Entwicklungshilfe ausgegeben als im Jahr zuvor. Am geizigsten waren die USA (minus 20 Prozent) und Italien (minus 30 Prozent) – beides G8-Mitglieder. Es sieht nicht gut aus mit der Bilanz der G8-Staaten im OECD-Vergleich: Zwar geben sie absolut gesehen das meiste Geld aus. Doch wenn man den Anteil gemessen an der Wirtschaftsleistung betrachtet, taucht erst auf Platz sieben ein G8-Mitglied auf. Die Hälfte der sparsamsten acht Geber gehören dem exklusiven Club an.
Fortschritt aus eigener Kraft
Das Konzept der Entwicklungshilfe wird in Frage gestellt. Nicht nur aus den Geberländern, sondern auch aus Afrika selbst. So lehnt der kenianische Ökonom James Shikwati konventionelle Entwicklungspolitik ab. Er setzt auf Fortschritt aus eigener Kraft: "Ohne ausländische Hilfsgelder müssten die Regierungen sich um eine wirtschaftliche Entwicklung sorgen, die im Lande selbst entsteht", sagte er gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Auch der deutsche Experte Tull bescheinigt der Entwicklungshilfe keine Allheilwirkung: "Sie kann nur eine begrenzte Wirkung haben - wie jede Maßnahme, die von außen kommt." Es sei vermessen zu glauben, man könne gewisse wirtschaftliche oder politische Prozesse dergestalt steuern, dass das Ergebnis nachher mit dem übereinstimme, was man sich von westlicher Seite vorgestellt habe.
Die Hilfe ist nicht effektivWie niederschmetternd die Situation in Afrika wirklich ist, zeigen die Fakten. 75 Prozent der Menschen in Afrika südlich der Sahara müssen von weniger als 2 Dollar pro Tag leben. Von der Globalisierung profitiert Afrika am wenigsten: Nach Angaben der Vereinten Nationen befinden sich zwei Drittel der am wenigsten entwickelten Staaten auf dem afrikanischen Kontinent.
In den vergangenen Jahrzehnten wurden hunderte Milliarden Euro für Entwicklungshilfe ausgegeben, doch eine nachhaltige Wirkung wurde nur in den seltensten Fällen erreicht. Der Experte für Entwicklungspolitik Jakobeit konkretisiert: "Langzeitstudien belegen, dass die positive Wirkung von Entwicklungshilfepolitik in Afrika nicht signifikant nachweisbar ist."