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Obamas Besuch in Südafrika

Ludger Schadomsky28. Juni 2013

Südafrika empfängt US-Präsident Barack Obama. Die wirtschaftlichen Erwartungen an den Besuch sind hoch, doch die Südafrikaner kümmert derzeit vor allem eines: Der Gesundheitszustand Nelson Mandelas.

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Statue von Nelson Mandela und Südafrika-Flagge (Foto: GIANLUIGI GUERCIA/AFP/Getty Images)
Statue von Nelson Mandela und Südafrika-FlaggeBild: Gianluigi Guercia/AFP/Getty Images

Stell dir vor, Obama kommt - und niemand geht hin: Zugespitzt ließe sich so die Stimmung in Südafrika zum Besuch des US-Präsidenten zusammenfassen. Zu groß ist die Sorge der Südafrikaner um ihren Nationalhelden Nelson Mandela, der in Pretoria im Krankenhaus liegt. Barack Obama hat ihm bereits vom Senegal aus - der ersten Station seiner Afrika-Reise - seinen Respekt und seine Bewunderung ausgesprochen: "Mandelas Taten haben mir gezeigt, was möglich ist in der Welt, wenn sich mutige Menschen für eine gute Sache einsetzen. Er ist mein ganz persönlicher Held", sagte er. First Lady Michelle rief derweil Schüler in Senegals Hauptstadt Dakar auf, Mandelas Andenken zu bewahren, indem sie eines Tages "selbst ein stolzes Erbe hinterlassen".

Doch Charmeoffensive hin oder her: Der lange erwartete Besuch Obamas in Südafrika, Afrikas Wirtschaftsriesem, droht weitgehend an der Öffentlichkeit vorbeizugehen. Im Vorfeld von Obamas Besuch sorgten allenfalls die rigorosen Sicherheitsvorkehrungen für Gesprächsstoff: "Werden wir von den Amerikanern erobert?", konnte man auf Twitter lesen, nachdem "Black Hawk"-Hubschrauber der US-Marine im Tiefflug über Johannesburg donnerten.

Ankunft von Barack Obama in Südafrika Foto: Reuters
Ankunft von Barack und Michelle Obama auf dem Waterkloof Flugstützpunkt in SüdafrikaBild: Reuters

Wichtiger Handelspartner

Dabei steht viel auf dem Spiel. Sowohl Präsident Jacob Zuma als auch seine Minister betonen die Bedeutung von Obamas Besuch für Südafrika - ein Land, das nach wie vor darauf wartet, dass die Demokratie für jeden spürbar wird und das mit einer extrem hohen Arbeitslosigkeit kämpft. Die USA sind einer der wichtigsten Handelspartner, rund 600 amerikanische Unternehmen sind in Südafrika ansässig. US-Direktinvestitionen in Südafrika lagen 2010 immerhin bei 6,5 Milliarden US-Dollar. Unter dem sogenannten AGOA-Handelsabkommen dürfen 90 Prozent aller Waren vom Kap zu bevorzugten Konditionen in die USA exportiert werden. Davon profitieren übrigens auch deutsche Autobauer: BMW, Mercedes und VW fertigen dort sehr erfolgreich für den US-Markt. 2012 unterzeichneten die USA und Südafrika zudem das Handels- und Investitionsrahmenabkommen TIFA, das weitere Vergünstigungen bringen soll.

Miller Matola ist Direktor der Marketingfirma "Brand South Africa", die sich um die Außendarstellung des Kaplandes kümmert. Er erhofft sich von Obamas Besuch "noch mehr Investitionen für Südafrika" und erklärt: "Derzeit sind die USA unser zweitgrößter Exportmarkt und der drittgrößte Importpartner. Wir hoffen, dass wir das gemeinsame Handelsvolumen weiter ausbauen können." Er setze große Hoffnungen auf den Besuch.

An die in den südafrikanischen Medien diskutierten Katastrophenszenarien nach einem möglichen Ableben Mandelas glaubt Matola nicht. Die südafrikanische Volkswirtschaft werde davon weitgehend unbeeindruckt bleiben, sagt er. Wichtig sei etwas ganz anderes, nämlich endlich energisch gegen Korruption vorzugehen: "Das ist es doch, was Partnerländer und Investoren interessiert. Korruption ist ein großes Problem hier." Wenn man Wirtschaftswachstum, Wohlstand und den Ausgleich der Einkommensunterschiede erreichen wolle, müsse man Investoren ein Zeichen geben.

Südafrikanische Medienberichte zu Obamas Besuch (Foto: DW/Ludger Schadomsky)
Südafrikanische Medienberichte zu Obamas BesuchBild: DW/L. Schadomsky

Nicht alle wollen Obama freundlich empfangen

Während Südafrikas Geschäftswelt den Amerikaner also mit offenen Armen empfängt, sind andere offen feindselig eingestellt. Der Verband Muslimischer Anwälte (MLA) versuchte Mitte der Woche, einen Haftbefehl gegen Obama wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu erwirken - der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Die MLA wirft Obama vor, direkt oder indirekt für den Tod oder die Verletzung von mehr als 3000 Menschen unter anderem in Pakistan und Syrien verantwortlich zu sein. In den Sozialen Netzwerken wurde die MLA jedoch heftig kritisiert, "Luftköpfe" war dabei noch ein freundliches Wort.

An der Universität Johannesburg diskutieren derweil Studenten und Lehrkräfte weiter über die geplante Verleihung einer Ehrendoktorwürde für den Staatsgast. Radikale Campusgruppen haben lautstarke Proteste angekündigt, sollte die Ehrung tatsächlich stattfinden.

Ein Geschäftsmann aus dem angesagten Viertel Melville in Johannesburg geht noch einen Schritt weiter mit seiner Kritik. Klar, der Zeitpunkt des Besuches sei ungünstig, denn "alle konzentrieren sich auf Madiba" - so der Clan-Name Mandelas. Doch zu den von beiden Seiten gepriesenen Handelsbeziehungen hat er eine eigene Meinung: "Ich stehe den USA zwiespältig gegenüber und frage mich, was Obama hier eigentlich will", so der Besitzer eines Szene-Restaurants. "Kommt er vielleicht, um noch mehr US-Waren den zollfreien Zugang zu unserem Markt zu ermöglichen? Also, aus meiner Sicht sollten wir den USA lieber aus dem Weg gehen."

"Wir haben nur Mandela im Kopf"

Auch Pretty Nylea, eine Hausangestellte in Johannesburg, sieht Obamas Besuch kritisch: "Er hat doch ohnehin wenig Interesse an Afrika", sagt sie. "Und wenn er an einzelnen Länder doch einmal interessiert ist, dann heißt das doch noch lange nicht, dass die auch von ihm profitieren." Die Tageszeitung "The Star" formulierte es so: "Selbst George W. Bush hat in Afrika einen größeren Eindruck hinterlassen." Während in den TV-Nachrichten der protokollarische Ablauf diskutiert wird - neben Gesprächen mit Gastgeber Jacob Zuma steht ein Besuch der Gefängnisinsel Robben Island auf dem Programm - ist Pretty Nylea mit ihren Gedanken schon wieder ganz woanders: "Wir alle haben derzeit nur Mandela im Kopf, ich fürchte, wir werden nicht viel Zeit für Obama haben." Es scheint Ironie des Schicksals, dass nun ausgerechnet der Gesundheitszustand Nelson Mandelas, den Obama offen verehrt und mit dem er vor Jahren regelmäßig telefonierte, die lang erwartete Afrika-Initiative des ersten schwarzen US-Präsidenten zu überschatten droht.

Hausangestellte Pretty Nyelas macht sich Sorgen um Nelson Mandela (Foto: DW/Ludger Schadomsky)
Hausangestellte Pretty Nyelas sorgt sich um MandelaBild: DW/L. Schadomsky

Trotz der Sorge um "Madiba": Für viele Südafrikaner geht der Alltag weiter. Und auch der hat mit Obamas Besuch wenig zu tun. Für Südafrikas fußballverrückte schwarze Bevölkerungsmehrheit zählt an diesem Wochenende noch ein ganz anderer Termin: Der Finalschlager Brasilien gegen Spanien beim Konföderationscup in Südamerika am Sonntagabend. Am selben Abend hält der VIP-Gast aus Washington an der Universität Kapstadt die wichtigste Rede seines Aufenthaltes am Kap.