IAEA hat Iran, Syrien und Nordkorea im Visier
2. Dezember 2010In dieser Woche ist der Gouverneursrat der Internationalen Energiebehörde (IAEA) zu einer zweitägigen Sitzung zusammengekommen. Schwerpunkt der Beratungen war das umstrittene iranische Atomprogramm. Erst Ende November hatte die IAEA einen Statusbericht an ihre Mitgliedsstaaten herausgegeben, demzufolge sich Teheran weiterhin den Resolutionen des UN-Sicherheitsrats widersetzen und seine Urananreicherung unbeirrt weiter vorantreiben soll.
Acht Jahre ohne klares Bild
Auch nach acht Jahren, kritisierte IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano, könne die IAEA noch immer nicht beurteilen, ob die Bestrebungen des Iran tatsächlich friedlicher Natur seien, wie das Land behauptet, oder ob nicht doch der Bau von Atomwaffen vorangetrieben werde. "Die IAEA braucht die Kooperation des Iran," erklärte Amano, "um offene Fragen zu klären, welche die Sorge über eine mögliche militärische Dimension des iranischen Atomprogramms nähren". Dazu gehöre unbedingt auch, der UN-Behörde den nötigen Zugang zu allen Anlagen, Ausrüstungen, Atomtechnikern und Unterlagen zu gewähren. Nach IAEA-Informationen hat das Land inzwischen über 3000 Kilo niedrig angereichertes und 33 Kilo auf 20 Prozent angereichertes Uran angehäuft. Sollte der Iran Wege finden, dieses Uran noch stärker anzureichern, würde diese Menge für mehrere Atombomben reichen.
Gespräche als "vertrauensbildende Maßnahme"?
"Die Weigerung Irans, die Auflagen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu erfüllen und mit der IAEA bei der Aufklärung der noch offenen Fragen zusammenzuarbeiten," sagte Rüdiger Lüdeking, der deutsche UN-Botschafter in Wien, "verstärkt die bestehenden Zweifel am Charakter des iranischen Nuklearprogramms". Der jüngste IAEA-Bericht zeige deutlich, dass der Iran immer noch nicht bereit sei, seine rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Deutschland sei unverändert nicht bereit, dies hinzunehmen. Wer das Recht auf friedliche Nutzung der Kernenergie einfordere, der müsse auch seine Verpflichtungen ohne Abstriche erfüllen, so Lüdeking.
Am Montag und Dienstag (6./7.12.2010) sollen in Genf die Gespräche des Iran mit der sogenannten 5+1-Gruppe wiederaufgenommen werden. Ihr gehören neben Deutschland auch die fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich an. Trotz der Probleme mit dem Iran begrüßte IAEA-Chef Amano die Wiederaufnahme der Gespräche ausdrücklich, auch wenn kaum mit konkreten Ergebnissen gerechnet werden kann. Der Iran hatte bereits angekündigt, bei diesem Treffen keine Grundsatzdebatte über sein umstrittenes Atomprogramm aufkommen zu lassen. Und so werden die zweitägigen Gespräche nach Einschätzung von Experten – wenn überhaupt - nur der Vertrauensbildung dienen.
Heimliche Reaktoren in Syrien und Nordkorea?
Auf der Sitzung des IAEA-Gouverneursrates wurde aber nicht nur das Atomprogramm des Iran heiß diskutiert. Die 35 Mitglieder des Gremiums haben auch ein mögliches geheimes Atomprogramm in Syrien ins Visier genommen. Sie werfen der Regierung in Damaskus vor, im Wüstenort Dair al-Sur im Osten des Landes heimlich einen Reaktor gebaut zu haben. Bereits im September 2007 hatte die israelische Luftwaffe diesen mutmaßlichen Reaktor bombardiert. Die IAEA verlangt darüber hinaus Zugang zu drei weiteren Anlagen, die mit der zerbombten Anlage verbunden sein sollen. Syrien verweigert dies jedoch bislang.
Besonders beunruhigt zeigte die IAEA sich auch über die jüngsten Enthüllungen zum Atomprogramm Nordkoreas. So gebe es Berichte über eine neue Urananreicherungsanlage im bereits bekannten Atomzentrum Yongbyon. Diese sei jedoch ungewöhnlich groß und weit entwickelt. Die USA vermuten daher, dass Nordkorea bereits deutlich länger an der Urananreicherung arbeite als bislang behauptet. Dies sagte der amerikanische UN-Botschafter in Wien, Glyn Davies, am Donnerstag (02.12.2010) auf der Gouverneursratssitzung der IAEA. "Wenn das so ist, dann hat Nordkorea mit hoher Wahrscheinlichkeit noch weitere Urananreicherungsanlagen gebaut", sagte der Diplomat. Den USA sollen Satellitenbilder vorliegen, auf denen mindestens ein neuer Leichtwasserreaktor zu erkennen sein soll. In ihm ist nach Einschätzung von US-Experten die Herstellung von waffenfähigem Plutonium möglich.
Autor: Thomas Latschan (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Stephanie Gebert