Häuserkampf
2. März 2007Die Autonomen begründeten die Aktion damit, dass die Sozialdemokratische Partei von Oberbürgermeisterin Ritt Bjerregaard die Zwangsräumung des autonomen Jugendzentrums in Kopenhagen "Ungdomshuset" am Vortag zu (1.3.) verantworten habe. Das Jugendzentrum im Statdtteil Nörrebro wurde von linksgerichteten Hausbesetzern bewohnt.
Das Jugendzentrum war mehr als 20 Jahre mit Duldung der Stadt Anlaufstelle der alternativen Szene. Selbst große Stars wie Björk traten dort bei Veranstaltungen auf. Dann wurde es von einer christlichen Sekte gekauft, die einen Gerichtsbeschluss zur Räumung des Gebäudes durchsetzte. Auf seiner Homepage spricht sich das Ungdomshuset gegen Rassismus, Diskriminierung, harte Drogen und Gewalt aus. Allerdings wird ein Unterschied gemacht zwischen staatlicher Gewalt zur Unterdrückung anderer und Gewalt zur Selbstverteidigung.
Räumung, Krawalle, Verletzte und Festnahmen
Im Gefolge der Räumungsaktion war es am Donnerstagabend zu Straßenkrawallen mit 25 Verletzten gekommen. 219 Personen wurden festgenommen. Haftrichter verhängten jeweils vier Wochen Untersuchungshaft gegen 34 Besetzer des geräumten Jugendzentrums. Bei den Haftbefehlen gegen Teilnehmer an den Krawallen wurden auch für einen 15-Jährigen 26 Tage Untersuchungshaft verfügt. Er hatte nach Polizeiangaben vier Pflastersteine gegen Beamte geworfen.
Unter den Festgenommenen sind auch neun Deutsche. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, die deutsche Botschaft stehe in Kontakt mit der dänischen Polizei. Ein Haftprüfungstermin sei für Freitag angesetzt. Nach Angaben der dänischen Polizei waren unter den Festgenommenen insgesamt 21 Ausländer aus Deutschland, Frankreich, England, Polen und Litauen.
"Schockierend"
Nach den Krawallen wegen der Schließung des Jugendzentrums rechnet die dänische Polizei mit weiteren Ausschreitungen. Die Polizisten blieben mit einem großen Aufgebot vor Ort, so lange es nötig sei, sagte Polizeisprecher Flemming Steen Munch. "Wir haben Verstärkung von anderen Polizeidienststellen angefordert."
Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen bezeichnete es als bedauernswert, dass einige Unruhestifter für Krawalle sorgten. "Wir haben in Dänemark Meinungsfreiheit und es ist schockierend zu sehen, dass Gewalt eingesetzt wird, um auszudrücken, was man denkt", sagte die dänische Justizministerin Lene Espersen dem Fernsehsender TV2.
Solidaritätskundgebungen in Nordeuropa
Auch in vielen vor allem norddeutschen Städten war es zu Protesten wegen der Schließung gekommen. Demonstrationen gab es ebenfalls in Helsinki, Stockholm, Göteborg und Oslo. - Die kurzzeitige Besetzung der sozialdemokratischen Parteizentrale durch 20 Jugendliche endete am Freitag friedlich: Die Besetzer zogen freiwillig wieder ab. (sams/je)