Horchposten des Kalten Krieges
US-Spionage in Berlin? Das gab es schon einmal: Im Kalten Krieg hörte die National Security Agency (NSA) hier Telefonate ab. Die alten Überwachungsanlagen am Teufelsberg zeugen von dieser Vergangenheit.
Ohr in den "Ostblock"
Die National Security Agency (NSA) hat mutmaßlich Handygespräche der Kanzlerin abgehört. US-Spionage in Berlin, das wäre nichts Neues. Während des Kalten Krieges entwickelten die USA mit ihren Verbündeten ein Überwachungssystem namens Echelon. Zielrichtung: "Ostblock". Damals war die westdeutsche Regierung mit den Spionageanlagen am Teufelsberg einverstanden.
Idealer Spionagestandort
Der Teufelsberg im Westen Berlins bot den Amerikanern einen idealen Aussichtspunkt über das geteilte Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren hier bis zu 25 Millionen Tonnen Trümmerschutt aufgehäuft worden. Sie bilden seitdem Berlins höchsten Hügel - 120 Meter hoch. Unter den Trümmern liegt eine militärisch-technische Hochschule begraben, die die Nazis nie zu Ende gebaut haben.
Spionage auf Kriegstrümmern
Nachdem der Schutt von rund 15.000 im Krieg zerstörten Gebäuden abgeladen war, bepflanzte die Berliner Regierung den Trümmerberg und verwandelte ihn in ein Wintersportparadies. Wenig später entdeckten us-amerikanische Soldaten, dass der Hügel einen idealen Ausgangspunkt zur Überwachung von Flugwegen nach Westdeutschland sowie Radio- und Telefonsignalen in Ostdeutschland bietet.
Das Geheimprojekt "The Hill"
Ein Teil des Teufelsbergs wurde in eine Militäranlage verwandelt. Im Oktober 1964 begann der Bau der großen Abhörstation. Das Projekt wurde von amerikanischen Soldaten nur als "The Hill" ("Der Hügel") bezeichnet. Mehrere gut abgeschirmte Gebäude und fünf leistungsstarke Radaranlagen wurden errichtet. Schätzungsweise 1.000 Menschen arbeiteten rund um die Uhr am dem Projekt.
Doppelt hält besser
Die Abhörstation war Teil des weltweiten Echelon-Spionagenetzes, mit dem die Kommunikation zwischen der Sowjetunion und ihren Verbündeten überwacht wurde. Die Anlage befand sich in der ehemaligen britischen Besatzungszone der Stadt, doch die Briten und Amerikaner vertrauten einander nicht. Daher wurde das Gebiet aufgeteilt, alles wurde zweimal gebaut und die Feinde wurden doppelt belauscht.
Abhören weit über den Eisernen Vorhang hinaus
Mit einer Reichweite von bis zu 700 Kilometern wurden große Teile des "Ostblocks" überwacht - vom Zentralkomitee der DDR-Staatspartei SED bis zu sowjetischen Militäreinrichtungen. Egal ob deutsche, tschechische, polnische oder russische Gespräche - alles wurde akribisch aufgezeichnet und übersetzt. Nur die wichtigsten Informationen wurden nach einem dreistufigen Auswertungssystem weitergeleitet.
Was bleibt, sind leere Hüllen
Nach dem Fall der Berliner Mauer wurde die Abhörstation sich selbst überlassen. 1992 packten die Amerikaner ihre elektronischen Geräte zusammen und hinterließen die Radaranlagen als leere Hüllen. Der Standort wurde noch für kurze Zeit zur zivilen Flugsicherung genutzt, dann wurde das Gelände an private Investoren verkauft. Deren Pläne, dort Apartments und Hotels zu bauen, scheiterten jedoch bald.
Betreten auf eigene Gefahr
Heute sind die meisten Fenster zerbrochen, Computer zerstört, Räume liegen in Schutt und Asche. Sogar alte Rohre wurden geklaut und als Schrott verkauft. Die rostigen Zäune und verwitterten Eisentore lassen den Besucher wissen, dass das Begehen auf eigene Gefahr geschieht. Löcher im Boden und ungesicherte Treppenhäuser machen das Auskundschaften nicht sicherer.
Graffiti- und Partyoase
Wo die NSA einst horchte, da genießen heute Berliner und Gäste aus aller Welt die Aussicht auf die deutsche Hauptstadt. Seit 2011 sind Teile des Geländes öffentlich zugänglich. Ab und zu finden auf dem ehemaligen Horchposten sogar Musikfestivals statt. Diskussionen um die NSA und mögliche Spionage-Skandale beschäftigen die Mitte Berlins - hier scheinen sie weit weg zu sein.