Solo: "Sport ist für Frauen nur positiv"
21. November 2015DW: Beim Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland gab es einen Terroranschlag im direkten Umfeld des Stadions. Die nachfolgenden Partie Deutschland gegen die Niederlande wurde wegen einer Terrorwarnung kurzfristig abgesagt. Wie gehen Sie als Sportlerin damit um, dass Fußballspiele Ziele von Terroranschlägen sind?
Hope Solo: Eigentlich ist es egal, wo die Terroranschläge stattfinden. Es ist ein Unglück für die gesamte Welt, diese Anschläge zu sehen. Mich persönlich allerdings erschreckt, dass sie in Sportstadien stattfinden. Ich denke, es gibt dort noch Sicherheitslücken und die Arenen sind ein leichtes Ziel, denn dort sind viele Menschen auf engem Raum versammelt. Es beunruhigt mich als Sportlerin. Aber unabhängig davon, wo Terroristen zuschlagen: Wir müssen den Terror beenden, denn er schafft eine globale Furcht.
In Deutschland sind Fußballspieler sehr prominent und oft Vorbilder. Wie gehen Sie mit dem Druck um, als Sportlerin ein gesellschaftliches Vorbild zu sein?
Ich denke, es ist ein Privileg als Vorbild gesehen zu werden, aber ich mag den Begriff nicht. Vorbild kann eine Vielzahl von Dingen meinen. Jeder Sportler ist unterschiedlich, wir haben unterschiedliche Interessen. Mache sind als Unternehmer und Aktivisten engagiert, manche sind nur Vorbilder auf dem Spielfeld. Es ist schwer zu definieren, was ein Vorbild ist. Jeder hat seine eigene Persönlichkeit und eigene Interessen. Mir geht es vor allem darum, die jüngeren Generationen zu inspirieren, vor allem junge Mädchen. Es geht darum, die Welt zu verändern und auch Jungs zu zeigen, dass es okay ist, eine starke Sportlerin zu bewundern.
Glauben Sie, dass die Beliebtheit der US-Fußballherren seit der Weltmeisterschaft in Brasilien den bereits zuvor sehr beliebten US-amerikanischen Frauenfußball in den Schatten stellen könnte?
Das ist alles relativ - wir Frauen haben die WM schon gewonnen, die Männer sind meistens unter den besten zehn. Amerikaner lieben es, sowohl die ihre Männer- als auch ihre Frauenmannschaften zu unterstützen. Fußball wächst in den USA noch und es ist unglaublich, wie wir da zusammenstehen. Es geht nicht Männer gegen Frauen. Wir sind ein Land, das Meisterschaften gewinnen will. Das Männerteam ist zwar beliebter, es werden mehr Tickets verkauft. Aber die Übertragung unseres WM-Endspiels hatte die besten Einschaltquoten bei Fox Sports. Wir haben bessere Quoten als manche von Männern dominierte Sportarten wie der NBA-Basketball.
Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Sie ist sehr erfolgreich, aber weniger beliebt als ihr männlicher Gegenpart. Sollten weibliche Mannschaften sich mehr miteinander austauschen und bei den Fußballverbänden mehr Lobbyarbeit für sich machen?
Ich denke, in einigen der führenden Verbände arbeiten sie bereits zusammen. Ich haben großen Respekt vor Silvia Neid und dem deutschen Frauenteam. Sie scheuen sich nicht, Dinge anzusprechen. Sie haben während der letzten Weltmeisterschaft die Zustände auf dem Spielfeld angeklagt [Anm. d. Redaktion: die Frauen mussten auf Geheiß der FIFA auf Kunstrasen spielen], gemeinsam mit der US-amerikanischen und vielen weiteren Mannschaften. Ich war sehr enttäuscht, dass Kanada als Gastgeberland sich dazu nicht geäußert hat, das sagt so einiges. Ich bewundere, was die Deutschen für den Frauenfußball getan haben. Sie haben nicht nur das Spiel gefördert, sondern auch die Gleichberechtigung vorangetrieben und von der FIFA gefordert, sich zu verbessern.
Anders als in den USA oder Deutschland, können Frauen in vielen Ländern noch keinen Sport treiben. Was können erfolgreiche Sportlerinnen wie Sie dagegen ausrichten?
Es geht vor allem darum, der Welt zu zeigen, dass Sport für Frauen nur Positives schafft: besseres Selbstbewusstsein, eine bessere Erziehung und Möglichkeiten, Problemen zu entkommen. Er verändert junge Mädchen. Ich denke, Gesellschaften überall in der Welt sollten das sehen. Aber es ist noch nicht überall gesellschaftlich anerkannt, dass Frauen Sport treiben. Es wird nicht als feminin empfunden. Ich denke, wir müssen einen kulturellen Wandel schaffen. Es geht nicht nur um Geld und Gleichberechtigung, es sind viele Probleme, die da hineinspielen und nur durch globale Kooperationen können wir Frauen mehr Möglichkeiten bieten.
Die US-Nationaltorhüterin Hope Amelia Stevens, die unter ihrem Mädchennamen Hope Solo bekannt ist, wurde 1981 im US-Bundesstaat Washington geboren. Sie spielt für den Seattle Reign FC und für die US-amerikanische Nationalmannschaft, mit der sie 2015 in Kanada die Weltmeisterschaft gewann. Außerdem ist sie dreifache Olympiasiegerin. Die DW hat Hope Solo auf dem One Young World Summit getroffen, einer Versammlung junger Menschen aus aller Welt, die versuchen, Lösungen für die drängendsten Probleme und Aufgaben des Planeten zu finden.
Das Interview führte Maximiliane Koschyk