Hongkongs Regierung stellt Ultimatum
5. Oktober 2014Die Lage in Hongkong könne "außer Kontrolle geraten", notwendig sei die sofortige Rückkehr zu geordneten Verhältnissen: Leung Chun-ying, der Regierungschef der chinesischen Sonderverwaltungsregion, richtete per Television eine eindringliche Warnung an die Demonstranten. Denn: Zu befürchten seien "ernste Konsequenzen für die öffentliche Sicherheit und die sozialen Verhältnisse".
Ultimativ forderte Leung bis Montag ein Ende der Blockaden durch die Studentenbewegung, damit die Behörden wieder arbeiten und Kinder in den betroffenen Stadtvierteln wieder zur Schule gehen könnten. 3000 Angestellte der Regierung müssten wieder arbeiten können, der Zugang zur Regierungszentrale müsse freigemacht werden. Andernfalls werde man hart durchgreifen.
Leung gab sich auch besorgt über die Auseinandersetzungen zwischen teils gewaltbereiten Protest-Gegnern und den Demonstranten, die neue Spannungen in der asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole erzeugt hatten. Er appellierte an beide Seiten, sich zu mäßigen.
Zehntausende Hongkonger zogen auch zum Wochenende gegen Gewalt und für mehr Demokratie auf die Straßen. Sie machten erneut auch die Behörden für die jüngsten Übergriffe auch von offensichtlich angeheuerten Schlägerbanden verantwortlich. Sie blieben bei der Forderung nach dem Rücktritt des Regierungschefs.
Keine "Revolution"
Sprecher bei einer nächtlichen Großkundgebung betonten aber, das es "nicht um eine Revolution" gehe. Mit friedlichen Mitteln kämpfe man für die politsche Mitbestimmung der Hongkonger. Benny Tai, ein Führer der Bewegung "Occupy Central", und andere kündigten an, die Blockaden im Verwaltungsviertel würden aufgehoben. Studentenvertreter stellten in Aussicht, wieder mit der Regierung zu sprechen, falls diese Untersuchungen über die jüngsten Übergriffe einleite. Ungeachtet dieser versöhnlichen Töne kam es anschließend wieder zu vereinzelten Auseinandersetzungen mit der Polizei, die Knüppel und Pfefferspray einsetzte.
Die Proteste in der ehemaligen britischen Kronkolonie dauern seit mehr als einer Woche an. Noch nie gab es in Hongkong eine solche Herausforderung für den Machtanspruch der Kommunisten Chinas.
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte in Berlin ihre Hoffnung auf eine "besonnene Reaktion auch der Polizei". Die Demonstranten fordern von Chinas Führung echte Demokratie. Auf der anderen Seite stehen die Protestgegner, unter denen sich sowohl patriotische Unterstützer Pekings und der lokalen Regierung als auch entnervte Bürger und Geschäftsleute finden lassen, die sich über die Behinderungen durch die Demonstrationen beklagen. Es gab aber offensichtlich auch bezahlte Schläger mit Verbindungen zur Unterwelt.
Der Widerstand hatte sich an Beschlüssen des Pekinger Volkskongresses entzündet, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, den Wählern aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern.
SC/wa (afp, dpa, rtre, ape)