Hongkong macht Aktivisten den Prozess
19. November 2018Unter den Angeklagten sind die Gründer der Bewegung "Occupy Central", die sich für politische Reformen in Hongkong einsetzt: Der Juradozent Benny Tai, der Soziologie-Professor Chan Kin-Man und der Baptisten-Pastor Chu Yiu-Ming. Alle drei plädierten bei der ersten Anhörung auf "nicht schuldig". Neben ihnen stehen sechs weitere Demokratie-Aktivisten vor Gericht, darunter die Abgeordneten Tanya Chan und Shiu Ka-chun.
Die Aktivisten fordern unter anderem freies Wahlrecht für die sieben Millionen Hongkonger. Die frühere britische Kronkolonie darf sich seit der Rückgabe an China 1997 als chinesische Sonderverwaltungsregion unter der Formel "ein Land, zwei Systeme" offiziell autonom regieren. Die Opposition wirft der Zentralregierung in Peking jedoch vor, sich zunehmend in die Angelegenheiten Hongkongs einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen zu verletzen.
Hunderte Unterstützer demonstrieren zum Prozess-Auftakt
Zum Prozessauftakt empfingen Hunderte Unterstützer die Angeklagten und skandierten unter anderem "Wir wollen wahre Demokratie" und "Friedlicher Widerstand". Staatsanwalt Andrew Bruce warf den Aktivisten dagegen vor, bei Demonstrationen 2014 zur "rechtswidrigen Blockade öffentlicher Plätze und Straßen" beigetragen zu haben. Sie hätten damit der Öffentlichkeit geschadet. Die Vorwürfe basieren auf einem Gesetz aus der Kolonialzeit. Bei einer Verurteilung sind Haftstrafen von bis zu sieben Jahren möglich.
Tai, Chan und Chu hatten 2013 zur Durchsetzung ihrer Forderungen die friedliche Besetzung des Geschäftsdistrikts von Hongkong geplant. Im folgenden Jahr schlossen sie sich den Studentenprotesten der sogenannten "Regenschirm-Bewegung" an. Die Proteste für mehr Demokratie, an denen zweitweise zehntausende Menschen teilnahmen, hatten damals 79 Tage lang Teile der asiatischen Finanz- und Wirtschaftsmetropole lahmgelegt. Die Bewegung erhielt ihren Namen von den Regenschirmen, mit denen sich die Demonstranten gegen Sonne und Regen, aber auch gegen den Einsatz von Tränengas durch die Polizei schützten.
Menschenrechtsgruppen kritisieren Gerichtsverfahren
Der Prozess gegen die Demokratie-Aktivisten stößt auf scharfe Kritik von internationalen Menschenrechtsgruppen wie Amnesty, die vor "einschüchternden Auswirkungen" auf die freiheitliche Gesellschaft der früheren britischen Kronkolonie warnen. Warum es vier Jahre gedauert hat, um die Aktivisten vor Gericht zu stellen, erklären die Justizbehörden mit der "Komplexität des Falles und der Menge an Beweisen, die überprüft werden mussten". Es wird erwartet, dass der Prozess knapp vier Wochen dauert.
ww/as (afp, dpa)