Holpriger Start in eine neue Ära
23. März 2017Nach der Übernahme durch das amerikanische Unternehmen Liberty Media bewegt sich die Formel 1 in eine neue Richtung. Die neuen Besitzer versprechen eine Berichterstattung, die soziale Medien und On-Demand-TV-Dienste umfasst, in der Hoffnung, ein jüngeres und dynamischeres Publikum zu gewinnen. Es gibt auch Überlegungen, dass Formel-1-Fans bald Rennen als Virtual Reality erleben können. Ziel ist, die Fans näher ans Geschehen zu bringen, als je zuvor.
Wie populär eine Sportart ist, zeigt sich in erster Linie durch die Einschaltquote. Unter der Führung von Bernie Ecclestone ist die Zuschauerzahl in den vergangenen Jahren nicht wesentlich gestiegen. Das Durchschnittsalter der Fans liegt mittlerweile bei über 50 Jahren. Die Fans wollen in erster Linie spannende Rennen auf der Strecke sehen, deswegen besteht die größte Herausforderung von Liberty darin, dass der Formel-1-Sport wieder die Massen erreicht - und nicht einfach nur auf immer schnellere Autos setzt.
"Liberty hat gesagt, dass sie auf Social Media setzen, um sich besser mit Fans austauschen zu können. In diesem Gebiet steckt enorm viel Potenzial. Hier kann der Sport neue Reize setzen und jüngeres Publikum erreichen, zum Beispiel in dem man ihm über Social Media Zugang zur Boxengasse gewährt", sagt Friedhelm Lange von der Sportmarketingfirma Sport+Markt.
"Sie werden natürlich aufpassen, dass dabei keine Team-Geheimnisse nach Außen geraten. Aber wenn die Teams ihre Garagen öffnen und die Fans hinter die Kulissen schauen lassen, würde das sicher gut ankommen und die Bindung zwischen Fan und Fahrer steigern. Es gibt innovative und kreative Wege, ein neues und jüngeres Formel-1-Publikum zu erreichen."
Auch Ross Brawn, F1-Motorsport-Geschäftsführer gibt zu: "Es stimmt, dass die Zuschauer mehr für ihr Geld geboten bekommen müssen". Ironischerweise schafft es mit der Formel 1 ausgerechnet der Sport nicht, sich in den neuen digitalen Medien durch zu setzen, der damit prahlt, jedes Jahr aufs Neue die technischen Grenzen zu sprengen. Der neue F1-Chef Chase Carey und Liberty-Besitzer John Malone wollen jetzt da erfolgreich sein, wo Ecclestone scheiterte.
Fragwürdige Beziehungen
Kopfschmerzen bereiten dem Unternehmen jedoch fragwürdige finanzielle Beziehungen zwischen Teams und der so genannten Strategy Group (bestehend aus Mercedes, Ferrari, Red Bull, McLaren und Williams). Kleinere Teams, wie Sauber und Force India könnten in dieser Konstellation benachteiligt werden. Liberty hat also ein Problem, noch bevor das erste Rennen in Australien über die Bühne gegangen ist, und diese Störfaktoren könnten für das Unternehmen hässlich werden.
Während Liberty noch darüber nachdenkt, wie man mit dem Problem umgehen soll, kündigten die neuen Besitzer im Februar an, dass sie den Teams die Möglichkeit geben würden, ihre Aktien-Anteile an der Formel 1 im Austausch für Aktien von Liberty aufzugeben. Eine Maßnahme, um die Expansion zu finanzieren und sich von der derzeitigen "Old boys"-Besitzstruktur zu entfernen. Doch das einzige Team, dass das Angebot von Liberty annehmen kann - und wahrscheinlich das einzige Team, das finanziell dazu in der Lage ist - ist Ferrari. Generell hielt sich bei den Teams die Begeisterung über das Angebot von Liberty in Grenzen.
Fauxpas
Da wäre noch Greg Maffei, einer der Chefs von Liberty. Er hatte schon aus der Hüfte geschossen, bevor der erste Motor in dieser Saison aufgeheult hatte. Er schlug vor, den Grand Prix in Baku zu streichen, da Baku "nichts tut, um die Marke des Unternehmens nachhaltig zu stärken". Maffei verärgerte darüber hinaus den US-amerikanischen TV-Sender NBC und nannte dessen Drei-Millionen-Zahlung für die Formel-1-Rechte als "popcorn fart", einen Popcorn-Furz.
Diese Bemerkungen überraschen vor allem deshalb, weil Liberty eigentlich das Ziel hat, den Sport in den USA populärer zu machen. Fest steht: Derartige Fauxpas haben Liberty sicherlich nicht dabei geholfen. Und am Abend vor der beginnenden neuen Formel-1-Ära bleiben damit mehr Fragen offen, als es Antworten gibt.