Hochwasser-Gaffer in Wolfenbüttel
28. Juli 2017Wassermassen, Gaffer, Stromausfälle: Die Menschen im niedersächsischen Wolfenbüttel ringen mit mehreren Widrigkeiten auf einmal. In der Stadt nahe Braunschweig kommt niemand mehr trockenen Fußes durch die Innenstadt. Nach den Überschwemmungen im Harz treten nun die kleineren Flüsse weiter nördlich über die Ufer - so wie hier die Oker.
In den Häusern läuft die schmutzige Brühe nicht nur von oben hinein. In alten Gebäuden drücke auch das Grundwasser von unten in die Keller, sagt Bürgermeister Thomas Pink. Und während die Menschen ertragen müssen, wie Erinnerungen eines ganzen Lebens im Schlamm versinken, behinderten Schaulustige auch noch die Arbeit der Helfer. "Wir kriegen hier zusehends eine Gafferproblematik", klagt Pink. Er kündigt ein entschlossenes Vorgehen an - unter anderem mit Platzverweisen.
In der Nacht zu Freitag hatte Wolfenbüttel Katastrophenalarm ausgerufen. Häuser wurden evakuiert. Für einige Straßenabschnitte wurde vorsorglich der Strom abgeschaltet. Feuerwehrleute sicherten an drei neuralgischen Punkten im Stadtgebiet Gebäude mit Sandsäcken und pumpten Wasser ab. Rund 170 Hilfskräfte sind im Einsatz.
Auch andere Städte nördlich des Harzes wappnen sich für das Schlimmste. Im benachbarten Braunschweig wurden tausende Sandsäcke an die Bewohner abgegeben, damit diese selbst Barrieren bauen können. In der Landeshauptstadt Hannover wird der Höchststand für den Fluss Leine ab diesem Freitagabend erwartet.
Unwetterartige Dauerregen hatten in den vergangenen Tagen Bäche und Flüsse mehr als randvoll gefüllt. Besonders betroffen waren der Harz und dessen Vorland. Während in den kommenden Tagen die Menschen an den Unterläufen von Leine und Oker die Wassermassen sehen werden, entspannte sich die Lage im Harz schon wieder. Dort beseitigen Helfer oft bei wolkenlosem Himmel und im Schein der Sonne die Spuren der Verwüstung.
In Hildesheim verursachten die Überschwemmungen einen Millionenschaden. Die dortige Universität werde wohl noch im Wintersemester mit den Folgen leben müssen. "Die Institute stehen im Wasser", sagt eine Sprecherin. Vor allem den Kulturcampus in einer denkmalgeschützten Burganlage hat es erwischt.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sicherte "unbürokratische Soforthilfe" zu. Will heißen: Nach dem Wasser fließt auch Geld, damit Geschädigte wieder ins normale Leben zurückfinden. Ein konkreter Finanzrahmen wurde noch nicht genannt.
Auch die Meteorologen kündigen einen Lichtblick an. Am Wochenende kehrt der Sommer zurück - zumindest, was die Temperaturen angeht. Zwar hört der Regen nicht auf, aber er passt sich der Jahreszeit an. Das bedeutet: Vorsichtiges Aufatmen für die Menschen, die von Überschwemmungen geplagt sind.
"Es gibt nicht mehr diese flächigen Niederschläge, die zu Hochwasserlagen geführt haben", heißt es beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Die schweren Unwetter, die die Meteorologen ankündigen, sind gegen das Erlebte vergleichsweise harmlos: Es seien "typische Sommergewitter", verspricht der DWD - also keine Sommerfluten.
jj/uh (dpa, afp)