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Hobbyschützen gegen schärfere Waffengesetze

13. März 2009

Millionen von Waffen liegen in deutschen Haushalten - teils legal, teils illegal. Nach dem Amoklauf von Winnenden ist die Diskussion über diese Waffen eröffnet - und ebenso die weltgrößte Waffenmesse in Nürnberg.

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Ein Mitarbeiter des US-Amerikanischen Unternehmens Smith & Wesson präsentiert am in Nürnberg auf der Fachmesse iwa eine 460 Hunter (Foto: dpa)
Business as usual: Waffenmesse IWABild: picture-alliance / dpa

Nur zwei Tage nach dem Amoklauf von Winnenden mit 16 Toten wurde am Freitag (13.03.2009) die weltweit größte Fachmesse für Schusswaffen IWA in Nürnberg eröffnet - mit einer Schweigeminute für die Opfer. Ansonsten heißt es business as usual - von Betroffenheit wenig zu spüren. "Das hier ist eine ganz normale Waffenmesse", sagt Marius Gehr, Besitzer eines Waffengeschäftes in Regensburg.

"Ein kritischer Punkt"

Eine Frau hält einen "Kalashnikov AK47" Nachbau als CO2-Softair-Version der Firma German Sport Guns, GSG (Foto: AP)
Ein Kalashnikov-AK47-Nachbau als CO2-Softair-Version auf der IWABild: AP

Doch längst ist die politische Diskussion entbrannt, was im Waffenrecht geändert werden könnte, um einen Amoklauf unwahrscheinlicher zu machen. Das Bundesinnenministerium hält es für nötig, die technischen Sicherungen für Waffen in Privatbesitz zu verbessern. "Die Aufbewahrung von Waffen ist ein kritischer Punkt", sagte der Innenstaatssekretär August Hanning am Freitag bei der Eröffnung der Waffenmesse in Nürnberg. Blockiersysteme könnten nach Worten Hannings den Zugang zu Waffen erschweren, vielleicht könnten Waffenschränke auch durch biometrische Systeme zu sichern sein - damit wäre ein Waffenschrank beispielsweise nur noch mit dem passenden Fingerabdruck zu öffnen.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble selbst erteilte Forderungen nach Aufbewahrungsverbot in privaten Haushalten eine Absage. "Mit Verschärfungen des Waffenrechts wäre dieses schreckliche Geschehen nicht zu verhindern" gewesen, sagte der CDU-Politiker. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach möchte mehr Kontrollen. "Die schönsten gesetzlichen Vorschriften nützen nichts, wenn deren Einhaltung noch nicht einmal stichprobenartig kontrolliert wird."

Ein Totalverbot?

Waffenschrank des deutschen Herstellers Hartmann auf der Waffenmesse IWA (Foto: dpa)
Waffenschrank des deutschen Herstellers Hartmann auf der Waffenmesse IWABild: picture-alliance / dpa

Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) will über eine Verschärfung der Waffengesetze nachdenken, wie er am Freitag in Gelsenkirchen sagte. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer sprach sich in der "tageszeitung" sogar für ein Totalverbot des privaten Waffenbesitzes aus. Dies sei "die einzige effektive Prävention gegen Amoktäter", sagte er.

Gregor Gysi forderte, die Lagerung von Waffen und Munition in Privathaushalten zu verbieten. Waffen und Munition sollten künftig nur noch in rund um die Uhr bewachten und gesicherten Arsenalen von Vereinigungen der Jäger und Schützen gelagert werden, schlägt der Vorsitzende der Linksfraktion vor. "Die Tatsache, dass in Deutschland 20 Mal mehr Waffen in Privathand als bei der Polizei sind, macht die Dimension des damit verbundenen Risikos deutlich."

"Niemand muss große Mengen zuhause haben"

Die Grünen sehen dies ähnlich. Laut der Vorsitzenden Claudia Roth gibt es in Deutschland zu viele Waffen im Privatbesitz. "Niemand muss zu Hause große Mengen von Waffen lagern. Waffennarren gehört die Erlaubnis zum Führen von Waffen entzogen." Sie forderte, die Kontrolldichte zu erhöhen und ein nationales Waffenregister einzuführen.

Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft (GdP), Konrad Freiberg, sprach sich für ein zentrales Waffenregister und eine Begrenzung der Anzahl von Waffen aus, die eine Person besitzen dürfe. Skeptisch bewertete Freiberg den Vorschlag der Lagerung von privaten Waffen in gesicherten Depots.

"Da gibt es keine Freiheit mehr"

Klare Gegner einer Verschärfung finden sich in der deutschen Waffenlobby. So lehnt der Präsident des Deutschen Schützenbundes, Josef Ambacher, eine Obergrenze für den privaten Waffenbesitz ab. "Wenn Sie dem Bürger misstrauen, können Sie ihm alles abnehmen, dann gibt es keine Freiheiten mehr. Wir haben jetzt schon das schärfste Waffengesetz in Europa", sagte Ambacher am Freitag. Er fordert als Lehre aus Winnenden ein besonders Zentralregister. "Ich bin der Meinung: Krankheiten und Waffenbesitz müssen abgeglichen werden, beispielsweise mit einem Zentralregister."

Die Tatwaffe von Winnenden (Foto: AP)
Die Tatwaffe von WinnendenBild: AP/Reproduktion: Daniel Roland

"Niemand weiß, wo die Waffen sind"

Gegen die zentrale Lagerung von Waffen wandte sich auch der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Schützenbundes, Jürgen Kohlheim. Die Schützenhäuser würden damit nur zu einem attraktiven Ziel für Kriminelle, die sich so Zugang zu größeren Mengen Waffen verschaffen könnten. Gerade die dezentrale Aufbewahrung in den privaten Haushalten erhöhe die Sicherheit, weil "eigentlich niemand weiß, wo Waffen zu holen sind". Die dezentrale Aufbewahrung sei nach wie vor die beste.

Der Vater des Amokläufers von Winnenden hatte mehr als ein Dutzend Waffen und 4600 Schuss Munition zu Hause gelagert. Die Pistole, mit der sein Sohn 15 Menschen und dann sich selbst umbrachte, lag vorschriftswidrig im Schlafzimmer. Insgesamt liegen nach Schätzungen sieben bis zehn Millionen Schusswaffen legal in Privathaushalten.

Das Waffenrecht war nach dem Amoklauf von Erfurt 2006 verschärft worden. Sportschützen dürfen nun erst ab 21 Jahren Gewehre oder Pistolen besitzen. Für Jäger wurde die Altersgrenze für den Besitz von Feuerwaffenwaffen auf 18 Jahre angehoben. Bei Personen unter 25 Jahren wurde zudem ein Eignungstest zur Voraussetzung für den Waffenbesitz gemacht. (sam)