Teach For All
22. Juni 2011"Was möchtest du werden, wenn du groß bist?" fragte der Wirtschaftswissenschaftler Alvaro Henzler einen kleinen Jungen auf einer Reise durch das peruanische Hochland. Doch das Kind einer verarmten Bauernfamilie blickte den Erwachsenen staunend an und sagte kopfschüttelnd, es habe die Frage nicht verstanden. Ob denn jemand wie er wirklich etwas werden könnte?
Von dieser Begegnung erzählt der Peruaner Alvaro Henzler beim Deutsche Welle-Global Media Forum. Der ehemalige Banker, Wirtschaftsberater und Assistent des peruanischen Botschafters in den USA gründete "Ensena Peru", eine Partnerorganisation des Netzwerks Teach For All.
Weltweit aktiv
Alle Partnerorganisationen funktionieren nach dem gleichen Prinzip: sie suchen herausragende Uni-Absolventen aus verschiedenen Bereichen, die dann für zwei Jahre an sogenannten "Problemschulen" unterrichten. Davor werden sie durch ein Praktikum und Seminaren in Didaktik und Pädagogik auf ihren Einsatz vorbereitet. Teach For All hat zurzeit Partnerorganisationen in 19 Ländern, von Deutschland und den USA bis zu Peru, Kolumbien und Indien.
Hinter solchen Projekten steckt der Gedanke, dass auch sozial schwache Kinder das Potential haben, im Leben etwas zu erreichen. Das ist auch der Ansatz von älteren Programmen, zum Beispiel "Head Start" in den USA, das 1965 gegründet wurde. Dort geht es um die Förderung von unterprivilegierten Kindern, unter anderem durch die Hilfe bei Hausaufgaben oder Lesenachmittagen. Das Ziel: mehr Chancengleichheit herzustellen. Dieses Programm setzt schon bei Vorschülern an.
Ein begehrter Job
Teach For All richtet sich an Schüler. "Ihr Potential müssen wir entdecken und fördern ", sagt Patty Pina von Teach For All. Sie kennt die enge Verbindung zwischen Geld und Bildungschancen aus eigener Erfahrung: als Tochter einkommensschwacher portugiesischer Migranten hatte sie es schwer, ihren Weg an die Uni zu erkämpfen.
Junge Menschen, die an Elite-Universitäten studiert haben, wollen jetzt ins Klassenzimmer, um weniger privilegierten Kindern zu helfen. In diesem Jahr haben sich mehr als 20 Prozent der Harvard-Absolventen für Stellen bei Teach For America - der US-Filiale von Teach For All - beworben. In Peru kämpften 2000 junge Menschen um nur 70 Jobs in den Klassenzimmern der Problemschulen.
Talente bei "Problemschülern"
Auch Toni Kronke aus Deutschland erlebte durch dieses Programm an Hauptschulen in Nordrhein-Westfalen so manche Überraschung. Zum Beispiel, dass eine vermeintliche Problemschülerin bei einem Medienprojekt plötzlich beweisen konnte, dass sie ein ungewöhnliches Talent für Filmschnitte hat. Toni Kronke hat Projekte und Arbeitsgruppen geleitet, aber auch zusammen mit Fachlehrern den Unterricht gestaltet.
Finanziert werden die Programme von Teach For All durch private Unternehmen wie die Deutsche Post, aber auch Stiftungen und in einigen Ländern durch staatliche Zuschüsse. Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sieht Toni Kronke aber nicht als Problem: "Die Schulen müssen die Angst davor verlieren, sich nach Außen zu öffnen. Ich hatte keine schlechten Erfahrungen mit der Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern aus der Wirtschaft. Niemand versucht, Einfluss auf den Unterricht zu nehmen." Er sei keinesfalls für eine Privatisierung der Bildung - aber bei Projekten wie Teach For All sei eine Förderung durch private Unternehmen hilfreich.
Autorin: Alexandra Scherle
Redaktion: Ulrike Mast-Kirschning