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Herzen sind knapp

Petra Kohnen24. August 2004

Allein in Deutschland hoffen rund 12.000 Menschen auf eine Spende, die ihr Leben retten soll: ein neues Organ. Doch es gibt zu wenig Spender – andere europäische Länder kennen das Problem auch. Aber nicht alle.

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In vielen Staaten fehlen OrganspenderBild: AP

Bei der Organspende sind im Prinzip zwei Regelungen möglich: die "Widerspruchs-" oder die "Zustimmungslösung". Bei der Widerspruchslösung können Organe zur Transplantation entnommen werden, wenn der Verstorbene dem zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat. Von der "engen" Zustimmungslösung spricht man dagegen, wenn jemand zu Lebzeiten Spender-Willen dokumentiert, also einen Spenderpass hat. "Dann brauchen die Angehörigen dazu nicht befragt zu werden", sagt Martin Blümke, geschäftsführender Arzt der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

Es gibt auch noch eine "erweiterte" Zustimmungslösung: Wenn jemand keinen Organspende-Ausweis hat, dürfen die Angehörigen entscheiden, ob der Verstorbene es wohl gewollt hätte. Welche Regelung auch immer gilt: In jedem Land wird die Organspende anders bewertet. In dem einen ist der Spender-Mangel extrem, in dem anderen nicht.

Deutschland auf hinteren Rängen

Organspendeausweis
Deutscher Organspender-AusweisBild: AP

In Deutschland gilt - wie auch in Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland, Großbritannien, Griechenland und den Niederlanden - die erweiterte Zustimmungslösung. Obwohl laut Umfragen 80 Prozent der Deutschen Organspenden befürworten, haben nur rund zwölf Prozent einen Spender-Ausweis.

Im europäischen Vergleich steht Deutschland sogar sehr schlecht dar. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln, sieht den Grund dafür aber vor allem bei den Krankenhäusern: "Gut aufgeklärte Menschen haben grundsätzlich eine Bereitschaft, Organe zu spenden. Aber im Zweifel werden sie gar nicht angesprochen, weil das Krankenhaus sich zum Beispiel an der Organspende nicht beteiligt." Oder den Kliniken sei die Organverpflanzung zu aufwändig und zu teuer.

Organspender aus Glaubensgründen

In Schweden bemüht sich die vom Verband der Landtage initiierte Kampagne "Lebenswichtig", die Zahl der Organspender zu erhöhen. In Radio, Fernsehen und Internet wird dafür geworben, sich im Organspenden-Register anzumelden. Die Kampagne wirkt: Innerhalb von einem knappen Jahr sind die Anmeldungen von rund 8000 auf weit über 100.000 gestiegen.

In Polen stehen nahezu 90 Prozent der Bevölkerung einer Organspende nach dem Tod positiv gegenüber. "Polen ist ein sehr katholisches Land", erklärt Danuta Rowinska vom polnischen Koordinationszentrum der Organtransplantation ("Poltransplant"). "Und weil der Papst in der Enzyklika gesagt hat, dass jeder Mensch nach seinem Tod seine Organe dem anderen abgeben soll, so folgen die Polen der

Stimme aus dem Vatikan." Dazu kommt, dass die Transplantationsmedizin in dem osteuropäischen Staat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht hat.

Eine Leber rettet vor dem Tod

In Frankreich sind 2003 etwa 250 Menschen gestorben, weil sie kein Organ erhalten konnten. Wie in Deutschland stehen auch hier mehr als 10.000 Personen auf einer Warteliste, um eine gespendete Niere, Leber oder ein Herz zu erhalten. Und das, obwohl es in Frankreich - wie Tschechien und Ungarn, Italien, Portugal, Spanien, Österreich und Belgien - die Widerspruchslösung gibt.

Jörg Nevens von der Universitätsklinik Leeuwen in Belgien meint, dass die Situation besonders schlimm für die Patienten sei, die auf eine neue Leber warten. Denn für sie gebe es so gut wie keine Alternativen zur Heilung: "Wenn diese Patienten kein neues Organ erhalten, sterben sie."

Auch in Großbritannien werden mehr Spender gebraucht. Die Regierung bemüht sich seit langem um ein Gesetz, nach dem künftig jeder Verstorbene potenziell zum Organspender wird - solange er sich nicht auf einer Liste der Verweigerer einträgt.