Haselnüsse für Ferrero: Pestizide vergiften Chile
Auch aus Chile bezieht der Süßwarenproduzent Ferrero Haselnüsse. Den dortigen Produzenten wird vorgeworfen, dass sie auf den Plantagen giftige Pflanzenschutzmittel einsetzen - eines davon ist in Europa sogar verboten.
Die Nüsse
In der Región del Maule im Süden Chiles befindet sich der größte Teil der etwa 20.000 Hektar, die landesweit mit Haselnuss-Bäumen bepflanzt sind. Der Gemüse- und Obstanbau ist hier der wichtigste Wirtschaftszweig. Es ist aber auch die Region, die immer wieder Schlagzeilen macht wegen der unkontrollierten Anwendung von giftigen Pflanzenschutzmitteln.
Der Erntehelfer
Der ehemalige Erntehelfer Lázaro Aburto aus Pelarco bestätigt, dass auf den Haselnuss-Plantagen in der Región del Maule das in der Europäischen Union verbotene Herbizid Paraquat verwendet wird. "Es gibt immer wieder Arbeiter mit Vergiftungen. Aber die Leute verstecken ihre Krankheiten, weil sie Angst haben, dass die Unternehmen etwas mitbekommen und ihnen dann keine Arbeit mehr geben", sagt er.
Die Forscherin
María Muñoz erforscht an der Universidad Católica del Maule die Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln in der Region. Sie hat im Urin von Kindern Rückstände von fünf verschiedenen Pestiziden gefunden, darunter Diazinon und Azinphos-Methyl. Beide Stoffe sind Insektizide, hergestellt von Syngenta und Bayer. Ihre Anwendung ist in der Europäischen Union verboten, in Chile erlaubt.
Die Produzenten
"Chile hat einen Vorteil im Vergleich zum Rest der Welt: Das Tal zwischen den Anden und dem Küstengebirge. Es ist eine der Regionen mit den besten Klimabedingungen für den Anbau von Haselnüssen weltweit. Und auf der Südhalbkugel haben wir den Vorteil der umgekehrten Jahreszeiten", sagt Ferrero-Manager Alessandro Boccardo beim Jahrestreffen der chilenischen Haselnuss-Produzenten in Talca.
Der Haselnussbauer
Agrichile, Ferreros Tochterunternehmen in Chile, bezieht etwa zwei Drittel seiner Haselnüsse von Zulieferern. Einer von ihnen ist Jorge Uslar. Er baut bereits auf 380 Hektar an und will die Fläche weiter vergrößern. Er selbst benutzt kein Paraquat, ist aber überzeugt, dass andere Zulieferer das Mittel verwenden: "Ich glaube nicht, dass Agrichile in der Lage ist, alle zu kontrollieren", sagt er.
Die Aktivistin
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in Chile. Die Región del Maule hat die höchsten Magenkrebs-Raten im Land. "Es gibt hier nicht nur Magenkrebs, sondern auch Brustkrebs, Lungenkrankheiten, Parkinson, Demenz. Die Erntehelferinnen haben oft Fehlgeburten. Wir glauben, dass diese Krankheiten mit der Agro-Industrie zusammenhängen“, sagt Elsa Labraña, Mitglied eines Frauen-Kollektivs in Curicó.
Der Ingenieur
Der Agraringenieur Ricardo Castro arbeitet in der Maule-Region. Er erklärt, dass in den Nüssen, die exportiert werden, keine Rückstände von Paraquat nachgewiesen werden können, weil das Mittel nicht direkt auf die Nüsse, sondern auf den Boden unter den Bäumen aufgetragen wird. "Alle Unkräuter, Mikroorganismen und Insekten verschwinden. So wird das Ökosystem zerstört und eine Wüste bleibt zurück."
Das Gift
Pflanzenschutzmittel wie Paraquat und Glyphosat können in Chile einfach im Geschäft gekauft werden - ohne Altersbeschränkung oder Restriktionen. Zahlen des chilenischen Landwirtschaftsministeriums zufolge ist Paraquat gleich nach Glyphosat das am häufigsten verkaufte Herbizid im Land - es ist effektiver und kostengünstiger als Glyphosat.
Netzwerk gegen das Gift
María Elena Rozas, Koordinatorin des Pestizid Aktions-Netzwerk Chile, stellt in der Hauptstadt Santiago einen Bericht über hochgefährliche Pestizide vor. Das Ergebnis: Über 400 Pestizide sind in Chile registriert, mehr als 100 davon sind von der Weltgesundheitsorganisation als hochgefährlich eingestuft worden. Eines davon ist Paraquat.