Harter Brexit träfe Luftfahrt sehr schwer
23. Januar 2019Im Extremfall würde nach einem Brexit ohne Vertrag nicht nur der Verkehr zwischen der EU und Großbritannien quasi unmöglich. Es wären auch Ferienflüge betroffen, die gar nicht in Großbritannien, sondern vom Kontinent aus starten. Das Kernproblem: Den Luftverkehrs-Binnenmarkt in der EU dürfen nur die Fluggesellschaften nutzen, die mehrheitlich Eigentümern in der EU gehören.
Nach einem Austritt der Briten aus der EU wäre das bei den meisten britischen Fluggesellschaften nicht mehr der Fall. Diese Fluggesellschaften dürften dann nicht mehr Flughäfen in der EU ansteuern und auch nicht zwischen zwei Flughäfen innerhalb der EU unterwegs sein. So schlimm dürfte es nicht kommen.
Denn die EU-Kommission hat den Briten angeboten, sich im Falle eines "no deal" auf eine Übergangslösung zu einigen. In diesen Notfallplänen sei aber nur von Basis-Verbindungen die Rede, sagt Isabel Buscke, Leiterin des Brüsseler Büros des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Außerdem haben die Briten bisher offiziell einer solchen Lösung noch nicht zugestimmt, die wahrscheinlich bis Ende März 2020 gelten soll. Damit würden aber zumindest Flüge zwischen dem Kontinent und dem Vereinigten Königreich gesichert.
Was gehört wem und wie viel davon genau?
Ein anderes Problem betrifft jedoch die Fluggesellschaften, die mehrheitlich in der Hand von Nicht-EU-Aktionären sind und die vor allem innerhalb der EU fliegen wollen. Da ist als erste die spanische Iberia zu nennen, die zusammen mit British Airways zum britisch-spanischen IAG-Konzern gehört. Doch besteht Iberia darauf, dass sie eine spanische Fluggesellschaft sei. Denn bei der Gründung der IAG sei sie zwar wirtschaftlich zu 100 Prozent auf die IAG übergegangen. Doch die politischen Rechte gehörten dem IAG-Konzern nur zu 49,9 Prozent. Die EU verlangt eine EU-Mehrheit von 50 Prozent plus einer Aktie.
Von diesem Grundsatz will die EU nicht abgehen, deshalb haben einige Fluggesellschaften schon weitgehende Pläne. Der Billigflieger Eaysjet etwa ist aktuell nur zu 49 Prozent in der Hand von Anteilseignern aus dem europäischen Wirtschaftsraum - ohne Großbritannien. Damit aus den 49 mehr als 50 Prozent werden, will der Billigflieger die Stimmrechte britische Eigner aussetzen oder die Aktionäre sogar zum Verkauf an EU-Eigentümer zwingen. Zuvor hatte Easyjet schon eine Tochtergesellschaft in Österreich gegründet, auf die die Briten 130 der 318 Airbus-Flugzeuge übertragen hatte, die Lizenzen der Besatzungen sollen auch auf diese Gesellschaft transferiert werden.
Über einen Ausschluss der britischen Aktionäre denkt auch Konkurrent Ryanair nach. Der Billigflieger ist zwar in Irland, und damit innerhalb der EU, angesiedelt, ist allerdings mehrheitlich in der Hand britischer Anteilseigner. Das gilt auch für Tuifly, Tochter des TUI-Konzerns als auch für Condor, Tochter des britischen Thomas-Cook-Konzerns. So könnten also bei einer harten Haltung der EU die Flugzeuge dieser Ferienflieger auch nicht von deutschem Boden starten.
"Wir stehen im Dialog"
Doch die Fluggesellschaften beruhigen: "Wir fliegen", sagt ein Sprecher von Tuifly. Kunden sollten sich keine Sorge machen, dass sie ihren Oster- oder Sommerurlaub nicht wahrnehmen könnten. Man habe diverse Pläne "in der Schublade" - je nach Ausgang des "Tauziehens" um den Brexit. Wie diese Pläne aussehen, das war nicht zu erfahren.
Auch ein Sprecher von Condor gibt sich zuversichtlich, die Kunden unabhängig von einer Austrittsvereinbarung in diesem Sommer in den Urlaub zu fliegen: "Darüber hinaus stehen wir in engem Dialog mit den zuständigen Behörden in Europa, um sicherzustellen, dass sich unsere Pläne auch bei einem No-Deal-Szenario umsetzen lassen", versichert er.
Stress auch für Easa und Airbus
Nicht nur die Fluggesellschaften, auch die Flugzeughersteller bangen, Die Zulassung der Flugzeuge und deren Teilen liegt in der Hand der europäischen Agentur Easa, bei der Großbritannien noch Mitglied ist - bis zum Brexit. Danach wäre dann auch fraglich, wie es um die Zulassung der Flugzeuge steht, die britischen Leasinggebern gehören.
Und auch Airbus sorgt sich: Denn die Flügel der Flugzeuge werden zum großen Teil in Großbritannien gefertigt. Diese wären dann aber nach einem Brexit nicht mehr in der EU zugelassen. Das europäische Gemeinschaftsunternehmen stockt jetzt vorübergehend seine Lager auf.