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Harte Worte werden weich

Das Interview führte Rodrigo Rimon Abdelmalack7. September 2004

Deutsche Texte, Club-Beats mit Soul, Krautrock und Optimismus – so kommt das Duo "2raumwohnung" daher. Mit DW-WORLD plaudern Inga Humpe und Tommi Eckart über Berlin und darüber, warum sie im Video sich selbst spielen.

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2raumwohnung denkt positiv und macht immer erstmal weiterBild: Donata Wenders

In dem Namen "2raumwohnung" steckt viel deutsche Geschichte drin. Wie würdet ihr ihn ausländischen Fans erklären?

Tommi: Eigentlich kommt es eben, weil wir zwei Personen sind und das ein Projekt für zwei Personen ist. Und dann gibt es diese lustige Situation zwischen Ost und West und durch die Mauer, dass sich irgendwann mal auch die Sprache aufgetrennt hat und dass man - auch 15 Jahre, nachdem die Mauer schon wieder weg ist - immer noch feststellen kann, dass es im Westen "Zwei-Zimmer-Wohnung" und im Osten "Zwei-Raum-Wohnung" heißt. Das haben wir als Synonym für Berlin aufgegriffen und es - da wir aus dem Westen sind - genommen, um etwas Verbindliches herzustellen.

Wie ist eigentlich eure Beziehung zur deutschen Sprache? Ausländer haben ein Image von der deutschen Sprache als eine harte Sprache. Aber ihr lasst sie leicht klingen.

Inga: Das stimmt. Mir geht das auch immer so, nachdem ich deutsch gesungen habe, dass ich es auch ganz hart finde. Wir bemühen uns darum, dass es weicher klingt. Mit dem Englischen haben wir schon einige Erfahrungen. Wir haben ganz früher auf Englisch gesungen. Jetzt haben ein paar Titel auf Englisch aufgenommen, wie "Sexy Girl" und jetzt "Spiel mit", die auf der Premium-Version der CD drauf ist, und gestern gerade haben wir "Wir sind die Anderen" auch auf Englisch aufgenommen.

Neulich habe ich von Toni Kater, einer Berliner Musikerin von eurem Label, gehört, dass sie sich erst mit einer "Berliner Szene" identifiziert hat, als sie euch kennen gelernt hat. Identifiziert ihr euch mit "Szene" überhaupt? Inwiefern ist eure Musik mit Berlin verbunden?

Inga: Mit der Szene nicht, aber mit Berlin. Es gibt ja verschiedenste Szenen hier. Aber Berlin ist natürlich als Inspirationsquelle für dieses Projekt ganz wichtig. Ohne Berlin würde es das wahrscheinlich gar nicht geben. Berlin ist so groß und vielfältig, hier gibt es so viel Freiraum, dass solche Musik auch entstehen - langsam entstehen - und langsam immer größer werden kann. Das hat schon, glaube ich, mit dem Geist dieser Stadt zu tun. Ich bin immer verliebt in Berlin.

Wenn ihr komponiert, denkt ihr an irgendein bestimmtes Publikum?

Tommi: Wir versuchen eigentlich, die Musik so zu machen, dass sie uns gefällt. Wir versuchen Stücke zu machen, wie wir sie uns wünschen würden, wenn wir sie nicht selber machen würden. Auch das neue Album ist so, dass, wenn wir es jetzt nicht gemacht hätten, wir es selber gern hören würden. Das versuchen wir jedenfalls. Wir stellen uns niemand vor, sondern machen es für uns und spielen es unseren Freunden vor. Und ich glaube, dass unsere Fans auch nicht so ganz anders sind als wir.

Im welchen musikalischen Bereich bewegt sich 2raumwohnung?

Tommi: Wir versuchen wirklich die Summe von dem umzusetzen, was uns gefällt. Also Inspirationen von "Air" und Madonna, genauso wie von "Miss Kittin", "Märtini Brös" oder "Chicks On Speed". Auch manchmal alte Sachen, wie "Kraftwerk" oder Musik aus den Siebzigern. Es ist schon eine inspirationsreiche Musik.

Was hört ihr denn im Moment?

Tommi: Ich höre immer noch viel "Air". Auch "Phoenix" höre ich unheimlich gerne. Und unterschiedlichste Sachen, wie Chet Baker...

Ich dachte schon, wir würden bei den Franzosen bleiben.

Tommi: Benjamin Biolay finde ich ganz klasse. Moderne, unverkrampfte Musik in so einer Chanson-Tradition. Total modern, total spannend, unheimlich stilsicher.

Warum es sich für "2raumwohnung" lohnt, glücklich zu sein, lesen Sie auf der nächsten Seite.

2raumwohnung, CD- Cover
CD-Cover vom neuen 2raumwohnung-Album 'Es wird Morgen'

Im dem Lied "Machs einfach" sagt ihr: „Ich habe ein Ziel, ich weiß genau was ich nicht will." Ist das auch so beim Komponieren? Seid ihr perfektionistisch?

Tommi: Wir versuchen eigentlich nichts zu vermeiden, sondern immer erst zu machen, um dann später auszuwählen. Auf alle Fälle ist die Distanz gut. Manchmal merkt man einfach erst beim dritten Hören, dass es einem gar nicht gefällt. Dann schauen wir, ob der Text passt, ob es zu ruhig ist. Aber manchmal muss man sehr viel über den Haufen werfen.

Die deutsche Presse hat euch neuerdings vorgeworfen, viel zu optimistisch und wenig politisch zu sein. Habt ihr für sie eine Antwort? Woher kommt so viel Optimismus?

Tommi: Erstmal glaube ich einfach, dass es wichtig ist, optimistisch zu sein. Wenn wir Musik machen, sind wir einfach in einer glücklichen Stimmung und das hört man, glaube ich, in unserer Musik. Aber ich glaube auch, dass die Sachen gar nicht unpolitisch sind. Denn wenn man seine eigene Gefühle und sein Gefühlsleben ernst nimmt und wenn du dein Leben spürst und dein Miteinander spürst, dann glaube ich, dass es im dem Sinne vielleicht nicht politisch ist, aber sehr wohl eine gesellschaftliche Bedeutung hat. Weil man es sich eigentlich wünscht, dass man eben eine verantwortungsvolle, oft glückliche, mit Freunden verbundene, unzerstörte Person ist. Und ich denke, dass das ein Ziel ist. Es ist wie eine Spirale, eine unglaublich depressive Stimmung irgendwie, die Leute beklagen sich viel. Es ist auch mal so, aber es ist dann auch okay, wenn es vorbei geht. Und ich hoffe, dass es bald vorbeigeht, denn es führt zu nichts. Es nutzt nicht.

Inga: Das ist eine ganz bewusste Entscheidung, optimistisch zu sein und zu bleiben. Ich halte es auch für eine falsche Einstellung, wenn man - nur weil die Zeiten hart sind - auch selber hart sein und mitjammern und mitklagen muss. Stattdessen muss man sich wirklich immer wieder neu überlegen, was kann ich tun, damit es besser wird, und fragen, wie kann ich versuchen, mein Leben und auch mein Umfeld zu verändern. Und ich glaube, positive Lebenseinstellungen sind eine Grundvoraussetzung, um etwas zu verbessern. Und wir wollen etwas verbessern. Außerdem verstehe ich sowieso nicht, warum sich die Leute hier in Deutschland so schrecklich beklagen, denn so schlimm ist es überhaupt nicht.

Ihr seid auf dem Video von "Spiel mit" zu sehen. Das ist eher ungewöhnlich oder zumindest anders, als man erwartet, wenn man ältere Videos von euch sieht. Was hat sich da geändert?

Inga: Genau, und in dem allerneusten Video sind wir auch wieder dabei. Wir haben unsere Stimmung geändert. Wir fanden das sonst immer blöd, jetzt wollen wir auch mal vorkommen. Wir haben eine Band und performen jetzt mit der Band auch in den Videos. Wir wollen greifbarer sein für die Leute. Wir hatten die Musik die ganze Zeit immer nach vorne gestellt und das machen wir auch weiterhin. Aber wir gehören irgendwie auch als Personen dazu. Obwohl wir nicht wert darauf legen, uns starmäßig feiern zu lassen. Das muss nicht sein.

Habt ihr Pläne, auch mal im Ausland zu spielen?

Inga: Ja, mehrere. Es gab immer wieder Anfragen aus Brasilien oder Mexiko.

Tommi: Leider hat es noch nie geklappt. In Russland und in Japan haben wir schon gespielt und wir werden jetzt in Spanien und in der Türkei spielen. In Brasilien gab es auch schon Ansprachen, aber das ist schon wieder eine Weile her und es klappt relativ oft nicht oder wird dann doch zu teuer. Aber wir hoffen immer wieder, dass es doch klappt.