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Harte Urteile gegen Regimegegner und Ärzte

29. September 2011

Ein Gericht hat eine Gruppe schiitischer Ärzte verurteilt, die während der Proteste Anfang des Jahres Verletzte versorgt hatten. Ein politisch motiviertes Urteil, sagt Amnesty International. Die Proteste schwelen weiter.

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Demonstranten im Februar (Foto: dpa)
Schiiten fordern mehr RechteBild: picture alliance/dpa

Nur sieben Minuten brauchte das Sondergericht für sein Urteil: Am Donnerstag (29.09.2011) verhängte das Gericht in Bahrain Haftstrafen von jeweils 15 Jahren. Der Grund: Die Gruppe von Ärzten und Krankenschwestern hat während der Demonstrationen gegen das Regime Anfang des Jahres Verletzte behandelt. Dies sei ein Verbrechen gegen den Staat, urteilte das Gericht. Außerdem hätten die Angeklagten Bomben besessen. Sieben weitere Ärzte erhielten Gefängnisstrafen zwischen fünf und zehn Jahren.

Einer der Demonstranten wurde zum Tode verurteilt. Zusammen mit einem Mitangeklagten, der eine lebenslange Strafe erhielt, habe er einen Beamten mit einem Auto überfahren, teilte der Generalstaatsanwalt der Armee, Jussef Flaifel, mit. Die beiden Männer hätten "terroristische Absichten" gehegt und sich auf "öffentlichen Plätzen" zusammengerottet.

"Politisierte Verfahren"

Das Sondergericht war im März mit Hilfe von Notstandsgesetzen ins Leben gerufen worden. Amnesty International nannte die Strafen "irrsinnig". Die Ärzte und Krankenschwestern hätten im Gespräch mit internationalen Medien die Brutalität des Regimes gegen Demonstranten publik gemacht. "Das wird der wahre Grund der Verurteilungen sein", sagte Philip Luther von Amnesty International. Auch Deutschland zeigte sich besorgt über die Urteile. "Es darf keine Politisierung von Verfahren geben", hieß es in einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes.

Krankenhausmitarbeiter bei den Protesten (Foto:Dr. H. Al Bahrani)
Krankenhauspersonal bei den DemonstrationenBild: H. Al Bahrani

Bereits im April hatte ein Militärgericht vier Demonstranten zum Tode verurteilt, die an den Kundgebungen beteiligt waren. Im Juni wurden Todesstrafen gegen acht weitere Demonstranten verhängt. Beide Entscheidungen stießen auf internationalen Protest.

Mit Gewalt gegen Demonstranten

Bahrain wird von einer sunnitischen Elite unter dem Königshaus Al-Chalifa geführt. Der Premierminister ist mit dem König verwandt und seit 1971 im Amt. Schiiten sind zwar die Mehrheit im Land, fühlen sich aber politisch und wirtschaftlich marginalisiert. Schiitische Gruppen hatten im Februar und März für die Abschaffung der Monarchie und die Einrichtung einer Demokratie in Bahrain demonstriert. Das Regime war äußerst gewaltsam gegen die Proteste vorgegangen. Mindestens 24 Menschen waren dabei getötet und hunderte verhaftet worden.

Die Proteste halten an: Aktivisten veranstalten regelmäßig Demonstrationen, die vom Sicherheitsapparat unterdrückt werden. Meist finden diese in abgelegenen Dörfern statt, doch am letzten Wochenende erreichten die Proteste auch wieder die Hauptstadt Manama.

Die Auseinandersetzungen haben auch regionale Mächte ins Spiel gebracht: Bahrain wirft dem Iran vor, die Proteste zu schüren, während das sunnitische Saudi-Arabien die Regierung militärisch unterstützt. Die USA unterhalten einen wichtigen Marinestützpunkt vor der Insel und drängen ihren Verbündeten zum Dialog mit der Opposition.

Die Fronten verhärten sich

Anti-Regierungsplakat (Foto: Ap/dapd)
Die Fronten verhärten sichBild: dapd

Jetzt wird Bahrains Regierung möglicherweise auf seinen Alliierten hören und auf die Opposition zugehen: Ein politischer Berater sagte am Donnerstag, die Regierung sei zu weiteren Gesprächen bereit, um die anhaltenden Proteste zu beenden. "Wir sind bereit, alles zu diskutieren – außer einen Regimewechsel", sagte Scheich Abdul-Aziz bin Mubarak al-Khalifa.

Den aber fordern immer mehr Schiiten. Die Fronten sind verhärtet: Die wichtigste schiitische Gruppierung, die Al-Wefak Partei, hatte die letzten Parlamentswahlen im Februar aus Protest boykottiert. Ohne die Partei könnte es schwierig werden, im Parlament Reformen zu beschließen. Doch die Brutalität des Regimes hat viele Anhänger der Wefak radikalisiert. Möglich ist, dass sie die Partei zu einer harten Linie drängen - und damit eine politische Lösung erschweren.

Autorin: Naomi Conrad (afp, dapd, kna, rtr)

Redaktion: Martin Muno