Hans Scholl: Freiheitskämpfer bis in den Tod
22. September 2018"Freiheit" - in großen Buchstaben schreibt Hans Scholl dieses Wort mit schwarzer Teerfarbe links und rechts neben den Eingang der Münchner Universität. Viermal. Es ist die Nacht zum 3. Februar 1943. Seit drei Stunden läuft der Medizinstudent zusammen mit seinem Kommilitonen Alexander Schmorell durch die dunklen Straßen. Beide sind Mitglieder der Weißen Rose, die das nationalsozialistische Regime stürzen will. Eine kleine Gruppe von Jugendlichen avancierte zu einer der bekanntesten Widerstandsgruppe gegen Adolf Hitler.
In dieser Nacht planen sie, ihre Botschaften an jeder geeigneten Stelle in München anzubringen. Sie haben auch eine Schablone für ihre Parolen dabei. Sie trägt den Text "Nieder mit Hitler" und zeigt ein durchgestrichenes Hakenkreuz. Doch die Gestapo ist ihnen schon auf den Fersen. Knapp drei Wochen später ist Hans Scholl tot, hingerichtet von den Nationalsozialisten.
Erst Faszination, dann Rebellion
Hans Scholl ist 14 Jahre alt und lebt mit seiner Familie in Ulm, als Adolf Hitler 1933 in Deutschland an die Macht kommt. Zunächst ist er - genau wie seine jüngere Schwester Sophie - fasziniert vom Nationalsozialismus. Gegen den Willen seines liberalen Vaters engagiert er sich in der Hitlerjugend und träumt von einer Offizierskarriere in der Wehrmacht.
Doch die bedingungslose Unterordnung und die Einschränkung der Freiheit sind ihm immer stärker zuwider, christliche Werte gewinnen für ihn an Bedeutung. Als Medizinstudent in München kommt er ab 1939 mit Regimekritikern in Kontakt. In den Semesterferien erlebt er als Sanitäter die Schrecken des Krieges hautnah. In ihm reift der Entschluss, seine Stimme gegen die Machthaber zu erheben.
Die Weiße Rose
1942 schließt sich Hans Scholl an der Universität München mit Kommilitonen zusammen, um dem Nationalsozialismus den Kampf anzusagen. Mit Alexander Schmorell gründet er die Widerstandsgruppe Weiße Rose. Später stoßen Christoph Probst, Willi Graf, Hans' Schwester Sophie Scholl und der Philosophieprofessor Kurt Huber hinzu.
Heimlich drucken sie Flugblätter, auf denen sie die Ermordung von 300.000 Juden anprangern und zum Widerstand aufrufen. Es sei höchste Zeit, "diese braune Horde auszurotten", steht unter anderem in den Schreiben, die sie an ausgewählte Akademiker verschicken und in München und verschiedenen anderen Städten in Süddeutschland und Österreich verteilen. Das sechste Flugblatt wird für Hans Scholl und seine Mitstreiter das letzte.
Der letzte Aufruf
Am 18. Februar 1943 betreten die Geschwister Scholl mit Koffer und Aktentasche in der Hand die Universität München. Sie haben knapp 2.000 Flugblätter dabei, die sie überall auslegen. Als Sophie Scholl einen Stapel Blätter von einer Brüstung in den Lichthof regnen lässt, ertappt sie der Hausmeister und liefert sie und ihren Bruder der Gestapo aus.
Im Verhör gibt Hans Scholl schließlich alles zu und nimmt möglichst viel Schuld auf sich, um seine Freunde zu schützen. Nur vier Tage später, am 22. Februar 1943, verurteilt der Volksgerichtshof Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst zum Tode. Noch am selben Tag werden die drei geköpft. Hans Scholl wird 24 Jahre alt. Seine letzten Worte sind: "Es lebe die Freiheit!"
Das Vermächtnis
Worte waren die einzigen Waffen des Widerstandskämpfers Hans Scholl. Doch das freie Äußern seiner Meinung bezahlte er mit dem Leben. Er und die anderen Mitglieder der Weißen Rose gelten bis heute als moralische Vorbilder, als Helden der Zivilcourage, die mutig die Verbrechen der Nationalsozialisten beim Namen nannten, während die große Mehrheit schwieg. "Ihr werdet in die Geschichte eingehen", sagte der weinende Vater Robert Scholl kurz vor der Hinrichtung zu seinen Kindern. Damit sollte er Recht behalten.