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"BND und NSA werden weiter kooperieren"

Gero Schließ15. Mai 2015

Der SPD-Abgeordnete Metin Hakverdi hat mit Mitgliedern des US-Kongress über die NSA-Reform gesprochen. Die Debatte in den USA sei viel differenzierter als in Deutschland, sagt Hakverdi im DW-Interview.

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Symbolbild NSA Sammeln von Telefondaten verfassungswidrig
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Die Affäre um den BND und die NSA weitet sich aus, das Magazin "Der Spiegel" berichtet über weit mehr Anfragen der NSA als bisher angenommen. Das betrifft auch das Ausspionieren deutscher Firmen. Was haben Sie dazu bei Ihren Gesprächen im US-Kongress gehört?

Hakverdi: Der BND steht hier nicht ganz oben auf der Prioritätenliste, aber natürlich die NSA. Seit dem Attentat vom 11. September sind fast 15 Jahre vergangen. In der Folge wurde der "Patriot Act" beschlossen und das Heimatschutzministerium geschaffen. In den USA befindet man sich derzeit in einer Überprüfungsphase. Ich sehe, dass hier eine durchaus kritische Debatte über die Rechte der amerikanischen Geheimdienste geführt wird.

Das Repräsentantenhaus hat jetzt mit großer Mehrheit für den "Freedom Act" gestimmt, der die bisher vom "Patriot Act" gedeckte Vorratsdatenspeicherung einschränkt. Wie bewerten Sie das, auch mit Blick auf die Debatte in Deutschland?

Metin Hakverdi im Bundestag (Foto: DPA)
Metin Hakverdi von der SPDBild: picture-alliance/dpa/Sören Stache

Es geht um ein enges Zusammenspiel zwischen dem Repräsentantenhaus und dem Senat und noch ist nicht klar, was am Ende im Gesetz stehen wird. Die Grundfragen hier lauten: Was ist nach zehn Jahren Erfahrung mit dem Patriot Act herausgekommen? Wie nötig ist das noch und wieviel wollen wir davon?

Der BND hat ja seine Kooperation mit der NSA nach Bekanntwerden des Vorwurfs der Industriespionage drastisch zurückgefahren. Würden Sie dem BND nach der Verabschiedung des Freedom Act durch das Repräsentantenhaus empfehlen, diese Kooperation wieder in vollem Umfang aufzunehmen?

Was ich sagen kann ist, dass es auf jeden Fall eine weitere Kooperation geben wird. Der schlechteste Fall, der passieren könnte, wäre, dass wir mit viel Geld und hohem Aufwand versuchen, ein ähnlich großes System von Geheimdiensten zu schaffen mit dem wir uns dann gegenseitig ausspionieren. Wir sollten die Felder, bei denen es eine Kooperation geben kann, nachprüfbar beschreiben. Und das bedeutet im Bezug auf das Ausspionieren von Unternehmen in Deutschland: Es muss nachprüfbar und beweisbar sein, wenn das passiert. Das darf nicht im Schatten der Geheimdienste passieren. Und wenn es dann doch passieren sollte, muss es einfacher und schneller aufzuklären sein.

Sie haben mit dem republikanischen Abgeordneten Jim Sensenbrenner gesprochen, dem Mitverfasser des Patriot Act, der jetzt auch beim Freedom Act mitgemacht hat, also bei der Reform. Was bringen Sie aus diesem Gespräch mit?

Am Spannendsten ist für mich die Tatsache, dass ein republikanischer Abgeordneter, der den Patriot Act mitgeschrieben hat, nach zehn Jahren erkennt, dass die Gesetze, die sie gemacht haben, von der Regierung mißbraucht werden, um noch mehr Daten zu sammeln, als das die Verfasser jemals wollten. Und deswegen bringen die Republikaner jetzt ein Gesetz ein, um das zurückzufahren. Es ist keine deutsch-amerikanische Debatte, sondern es ist eine amerikanische Debatte um die USA und deren Geheimdienste. Und es sollte eine deutsche Debatte um unsere Geheimdienste geben. Da können alle noch einmal in den Spiegel schauen.

Was bringen Sie aus den USA als Beitrag für diese bundesdeutsche Debatte mit?

Eines ist sehr klar geworden. Wir sollten uns Gedanken machen über die Gültigkeitsdauer von Gesetzen. Die gesamte Debatte in den USA kann deswegen am Ende von Erfolg gekrönt sein, weil verschiedene Normen des Patriot Act am 1. Juni ihre Wirksamkeit verlieren.

Wenn wir uns daranmachen, das BND-Gesetz zu reformieren - und meine Fraktion will das -, dann sollten wir uns darüber klarwerden, dass wir vielleicht auch unsere Meinung zum Thema Terrorismus, Sicherheit, aber auch wenn es um das Thema Freiheit geht, ändern. Deswegen sollten wir zu dem Instrument greifen, Gesetzte zeitlich zu begrenzen. Das könnten wir auch etwa auch beim IT-Sicherheitsgesetz machen.

Der Freedom Act sieht ja vor, dass künftig ein Gerichtshof über die Anfragen zur Überwachung entscheidet. Ausserdem sollen die Daten nicht mehr bei der NSA verbleiben, sondern bei den Telekommunikationsfirmen. Es geht also darum, mehr Transparenz für die Arbeit der Geheimdienste zu schaffen. Was können Sie daraus für die deutsche Diskussion lernen?

Sehen wir erstmal, was hier am Ende rauskommt. Die Fragen sind aber die gleichen: Wollen wir grundsätzlich überhaupt eine anlasslose Sammlung und Speicherung von Daten? Und wenn man das will, dann muss man ganz konkret die Bedingungen festlegen, unter denen das geschehen soll. Wenn es dann zur Auswertung der Daten kommt, ist wichtig, dass dieses Verfahren absolut transparent ist. Da kann es kein geheimes Gericht geben. Und eben diese Debatte findet jetzt in den USA statt, obwohl die NSA ja der Vorreiter der anlasslosen Speicherung ist. Es gibt eine klare Mehrheit hier, die sagt, wir sind viel zu weit gegangen.

Wird die Debatte in Deutschland so differenziert geführt wie im US-Kongress?

Innerhalb der SPD auf jeden Fall. Wir waren die ersten, die gefordert haben, dass wir das BND-Gesetz reformieren müssen. Ich glaube, das wird auch passieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Parteienkonflikt untergeht.

Metin Hakverdi ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Abgeordneter der SPD-Fraktion.