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Höchststand bei Einbürgerungen in Deutschland

31. Mai 2023

Seit 2002 haben nicht mehr so viele Ausländer den deutschen Pass beantragt. Den größten Anstieg bei den Einbürgerungen gab es bei Menschen aus Syrien, der Ukraine und dem Irak. Gesucht sind qualifizierte Fachkräfte.

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Familie mit erhobenem Daumen vor Fahne
Ein Paar, das aus dem Irak stammt, hat gerade die deutsche Staatsbürgerschaft erhaltenBild: Marijan Murat/dpa/picture alliance

Die Zahl ist rekordverdächtig: 168.545. So viele Menschen, mit insgesamt 171 unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten, haben sich im vergangenen Jahr einbürgern lassen und damit den deutschen Pass erhalten. Das waren 28 Prozent mehr als im Vorjahr, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Seit 20 Jahren seien nicht mehr so viele Neubürger registriert worden, hieß es weiter. 

Syrerinnen und Syrer machen mit einem Anteil von 29 Prozent die größte Gruppe der Eingebürgerten im vergangenen Jahr aus; das waren 48.300 Menschen. Viele von ihnen waren in den Bürgerkriegswirren seit 2014 aus ihrer Heimat nach Deutschland geflohen und hatten hier Schutz gesucht. Sie haben nun ein neues Zuhause gefunden und viele den deutschen Pass erhalten. Gefolgt werden Syrerinnen und Syrer von ukrainischen (plus 3700), irakischen (plus 2400) und türkischen Staatsangehörigen (plus 2000).

Bislang hohe Hürden für Einbürgerung

Zu den Voraussetzungen für die Einbürgerung zählen unter anderem ausreichende Sprachkenntnisse, ein gesicherter Lebensunterhalt und in der Regel eine Mindestaufenthaltsdauer von acht Jahren. Die Identität des Antragsstellers muss zudem eindeutig geklärt sein.

Mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse sind ebenso Voraussetzung wie grundlegende Kenntnisse über die Lebens- und Rechtsverhältnisse in Deutschland und ein bestandener Einbürgerungstest mit 33 Fragen. Bewerber müssen sich außerdem zur freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und eine Einbürgerungsgebühr von 255 Euro zahlen. Wer schon einmal wegen einer Straftat verurteilt wurde, hat keine Chance.

Jan Schneider
Jan Schneider, Leiter des Bereichs Forschung beim Sachverständigenrat für Integration und MigrationBild: SVR/Michael Setzpfandt

"Fast die Hälfte der eingebürgerten Menschen aus Syrien haben den deutschen Pass sogar schon nach sechs Jahren bekommen - weil sie außergewöhnliche Integrationsleistungen vorweisen konnten", sagt Jan Schneider vom unabhängigen Sachverständigenrat für Integration und Migration der DW. Die Prognose des Experten für 2023: "In der Tat ist zu erwarten, dass die Zahl in diesem Jahr weiter ansteigen wird."

Umfassende Reform des Staatsbürgerschaftsrecht geplant

Das liegt auch daran, dass die regierenden Parteien SPD, Grüne und FDP das Staatsbürgerschaftsrecht grundlegend ändern wollen. Deutschland brauche dringend qualifizierte Einwanderung und wolle schon hier lebenden Menschen die Integration und auch die Staatsbürgerschaft ermöglichen, argumentiert die Regierungskoalition.

Dazu legte sie kürzlich erste Eckpunkte vor. Unter anderem soll die Einbürgerung von Ausländern erleichtert werden. Im Kern sind kürzere Mindestaufenthalte für Einbürgerungen vorgesehen – statt acht Jahren sollen dann fünf Jahre ausreichen. Bei besonderen Integrationsleistungen auch nur drei. Zudem sollen Bewerber nicht mehr gezwungen sein, ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufzugeben, um die deutsche zu erhalten.

Auch für türkischstämmige Migranten, die den größten Anteil der deutschen Bevölkerung mit Migrationshintergrund ausmachen, soll es grundsätzlich möglich sein, die doppelte Staatsbürgerschaft zu bekommen. Migrationsexperte Schneider glaubt, dass für einige der rund 1,3 Millionen Türkinnen und Türken, die schon länger in Deutschland leben, "der Doppelpass nach der Einbürgerung durchaus ein Anreiz sein dürfte". 

Opposition kritisiert die Reform

Die für Migrationsfragen zuständige Bundesinnenminister Nancy Faeser sprach von einer überfälligen Reform. Das neue Recht solle Anreize für eine Integration bieten statt Hürden aufzubauen, so die Ministerin. Von Seiten der konservativen Oppositionsparteien hagelte es schon damals Kritik. Die neuen Rekordzahlen für Einbürgerungen haben bei Kritikern nun erneut einen Proteststurm ausgelöst.

Nancy Faeser
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will das Einwanderungsrecht reformierenBild: picture alliance/dpa

So sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, der Zeitung "Welt": "Die Pläne von Innenministerin Nancy Faeser erhöhen das Risiko, dass mehr Menschen eingebürgert werden, die nicht ausreichend integriert sind." Es gebe keine überzeugenden Gründe, die Voraussetzungen für den deutschen Pass abzusenken.

Massiver Anstieg bei Einbürgerungsanträgen prognostiziert

Derzeit leben rund sechs Millionen Ausländerinnen und Ausländer schon seit mehr als acht Jahren in Deutschland. Wenn die Mindestaufenthaltsdauer für die Einbürgerung zukünftig bei fünf Jahren liegt, erfüllen bald deutlich über acht Millionen Menschen dieses zentrale Kriterium für eine Einbürgerung", rechnet Migrationsexperte Schneider vor.

Frau hält deutschen Reisepass in die Kamera
Stolz präsentiert Mridula Singh, die aus Indien stammt, ihren neuen Reisepass in FrankfurtBild: Fabian Sommer/dpa/picture alliance

Auch wenn man heute nicht voraussagen könne, wie die Reform der Einbürgerung aus dem parlamentarischen Verfahren komme, so könne man doch eines prognostizieren, "einen massiven Anstieg der Einbürgerungsanträge". Dabei hätten die deutschen Ämter schon jetzt alle Hände voll zu tun. Migrationsexperte Schneider: "In vielen Staatsangehörigkeitsbehörden stapeln sich schon die Anträge auf Einbürgerung."

Volker Witting
Volker Witting Politischer Korrespondent für DW-TV und Online