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Guzol: "Geheimdienste wollen einschüchtern"

Olga Vesnjanka / Markian Ostaptschuk29. Juli 2013

Anna Guzol, die Chefin der ukrainischen Frauenrechtsgruppe Femen, ist in einem Café in Kiew zusammengeschlagen worden. Im DW-Interview berichtet sie, wie Aktivistinnen der Bewegung unter Druck gesetzt werden.

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Portrait von Anna Guzol (Foto: picture alliance/dpa)
Anna Guzol leitet die Frauenrechtsbewegung Femen in der UkraineBild: picture-alliance/dpa/Frolova Maria

DW: Wie erklären Sie sich die jüngsten beunruhigenden Ereignisse rund um Ihre Frauenrechtsgruppe Femen? Sie persönlich wurden überfallen, Aktivistinnen Ihrer Bewegung wurden festgenommen und ihr politischer Berater Viktor Swijazki wurde ebenfalls von Unbekannten zusammengeschlagen.

Anna Guzol: Die Einschüchterung der Femen-Bewegung dauert an. Man will Protestaktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den Patriarchen der Russischen Orthodoxen Kirche, Gundajew (Amtsname: Kyrill - Anm. d. Red), verhindern. Wir als Kämpfer für Freiheit und Demokratie haben wiederholt Aktionen in Russland und der Ukraine durchgeführt - gegen den Diktator Putin und den zunehmenden Einfluss der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats auf die öffentliche Meinung. Eine Aktion haben wir sogar in der deutschen Stadt Hannover durchgeführt. Dabei wurde immer versucht, uns zu stoppen und den Protest zu unterdrücken. Die grausamen Übergriffe auf uns in den letzten Tagen sind die persönliche Rache Putins und Gundajews.

Femen-Protest beim Eröffnungsrundgang der Hannover Messe von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin (Foto: Jochen Lübke/dpa)
Femen-Protest beim Eröffnungsrundgang der Hannover Messe von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir PutinBild: picture-alliance/dpa

Warum glauben Sie das?

Im vergangenen Jahr, als Patriarch Kyrill zu den Feierlichkeiten anlässlich des Jahrestages der Taufe der Kiewer Rus in die Ukraine reiste, protestierte gegen ihn barbusig unsere Aktivistin Jana Schdanowa. Sie wollte so ihren Protest gegen die Verhaftung der russischen Punkband Pussy Riot kundtun. Ihr Slogan lautete "Kill Kyrill". Auch Putin fühlt sich durch den Protest persönlich beleidigt. Deswegen kann ich getrost im Namen der ganzen Bewegung erklären, dass hinter den Überfällen auf Femen russische Geheimdienste stehen, die mit ukrainischen Diensten und der Polizei zusammenarbeiten.

Es war auch klar, dass Geheimdienste dafür verantwortlich waren, als vor Kurzem unsere Aktivistinnen zusammen mit einem Fotografen entführt worden waren. Die Femen-Frauen wurden geschlagen. Und nun werden gegen sie vor Gericht auch noch Vorwürfe erhoben. Die Überfälle auf Viktor Swijazkiund auf mich könnten auch Kriminellen zugeschrieben werden. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) behauptet natürlich, daran nicht beteiligt gewesen zu sein. Aber alle Fälle tragen ein und dieselbe Handschrift. Es handelt sich um eine systematische Verfolgung durch Geheimdienste.

Was Verfolgung und Überwachung bedeuten, weiß ich gut. Denn diese Erfahrungen habe ich während der Fußball-Europameisterschaft "Euro 2012" machen müssen. Diejenigen, die mich angegriffen hatten, ähnelten sehr Personen, die mit Geheimdiensten zusammenarbeiten: Typische Handtaschen und Hemden sowie eingeschaltete Handys am Ohr. Aus der Ferne sahen diejenigen, die Viktor Swijazki verfolgt hatten, auch so aus. Vielleicht sind es keine direkten Mitarbeiter des SBU, aber alles geschieht mit dessen stillschweigender Zustimmung. Vielleicht haben hier Russen mit ukrainischen Diensten zusammengearbeitet. Jedenfalls ist eine russische Handschrift zu erkennen.

Glauben Sie, dass die Verantwortlichen für die Überfälle auf Femen ausfindig gemacht und zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden?

Das glaube ich nicht. Aber wir haben die Polizei eingeschaltet, denn es handelt sich ja um Straftaten.

Werden Sie angesichts der jüngsten Ereignisse Ihre Aktionen künftig anderes organisieren?

Es ist schrecklich. Uns ist klar, dass wir darüber diskutieren müssen, wie wir künftig vorgehen sollen. Vielleicht werden wir Personenschutz brauchen. Mit den Überfällen wollte man uns Aktivistinnen einschüchtern. Aber entweder man ist Aktivistin oder nicht. Entweder man ergibt sich und dann war alles vergeblich oder man macht weiter. Die jüngsten Ereignisse haben uns sehr getroffen und empört! Wir sehen, dass sich unser Land nicht zum Besseren verändert und sich von der Demokratie entfernt. Wir alle haben somit jetzt einfach noch mehr zu tun. Jeder von uns muss begreifen, dass man die Arbeit verstärken muss. Aber jeder muss sich auch im Klaren darüber sein, dass es Repressionen geben kann.

Die Chefin der ukrainische Frauenrechtsgruppe Femen Anna Guzol nach dem Überfall auf sie (Foto: Femen)
Anna Guzol nach dem Überfall: Die Femen-Aktivistinnen brauchen vielleicht PersonenschutzBild: Femen

Anna Guzol leitet die Femen-Bewegung in der Ukraine. Die Gruppe setzt sich für Frauenrechte ein. Sie hält immer wieder Oben-ohne-Proteste gegen Sexismus, Homophobie, Prostitution und religiöse Vorschriften ab. Dabei schreiben sich die Teilnehmerinnen mit schwarzer Farbe Parolen auf den Oberkörper. Femen wurde 2008 in Kiew gegründet. Ableger der Bewegung gibt es inzwischen in Paris und Berlin.