Guttenberg und Opposition attackieren sich
24. Januar 2011Angesichts heftiger Kritik seitens der Opposition hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg seine Entscheidung zur Absetzung des "Gorch Fock"-Kapitäns verteidigt. Die Entscheidung sei "sachgerecht und notwendig", manche Stellungnahme dazu sei "Ausdruck bemerkenswerter Ahnungslosigkeit", hieß es in einer schriftlichen Erklärung des CSU-Ministers vom Montag (24.01.2011). Der Kommandant der "Gorch Fock" sei weder "gefeuert" noch "geschasst" oder "rausgeworfen" worden.
Guttenberg: "Zunächst aufklären"
Guttenberg betonte, er habe ein dreistufiges Verfahren im Umgang mit den aktuellen Bundeswehraffären angekündigt: Aufklären, abstellen, Konsequenzen ziehen. Bei der "Gorch Fock" sei man immer noch in der ersten Phase der Aufklärung. Seine Entscheidung vom Wochenende betreffe die Frage, ob Kommandant Norbert Schatz während der Aufklärung in seiner Position verbleibe oder nicht. Wenn die Anschuldigungen sich als nicht stichhaltig erwiesen, werde er seine Karriere wie geplant fortsetzen. Ihn vorläufig von seinen Aufgaben zu entbinden sei die beste Maßnahme - "auch in seinem Sinne".
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich hinter ihren Verteidigungsminister. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, die Kanzlerin habe Guttenberg bei den Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Segelschulschiff "ausdrücklich unterstützt". Der Minister habe hier eine "hohe Aufklärungsverantwortung"; der sei er nachgekommen. Jetzt solle unter Einbeziehung der Bundestagsfraktionen darüber nachgedacht werden, welche Rolle das Schulschiff in Zukunft spielen werde. Dagegen äußerte sich der Generalsekretär des Koalitionspartners FDP, Christian Lindner, distanziert über den Umgang des Ministers mit den Bundeswehr-Affären. Eine eindeutige Bewertung falle schwer, "weil wir nicht alle Sachverhalte kennen", erklärte Lindner.
Opposition: "Hektischer Aktionismus"
Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold hatte zu Guttenberg vorgeworfen, das Ansehen der Bundeswehr zu schädigen. Dessen Auftrag, alle Teilstreitkräfte auf den Prüfstand zu stellen, erwecke den Eindruck, als ob es flächendeckend ein Problem in der Bundeswehr gebe, sagte Arnold dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es gehe aber um die Untersuchung konkreter Einzelfälle. Deren Aufklärung habe der Minister zunächst verschleppt. Nun verfalle er in hektischen Aktionismus, kritisierte Arnold. Im ZDF warf Arnold dem Minister zudem eine unseriöse Personalführung vor. Erst hätte Guttenberg die Mitarbeiter anhören müssen.
Kritisch äußerten sich auch die Grünen: "Erst sagt Guttenberg in aller Öffentlichkeit, dass die Vorverurteilungen von Soldaten infam seien. Und dann entlässt er wenige Stunden später den Kommandanten der 'Gorch Fock' ", so Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour zum "Hamburger Abendblatt". Das sei ein Armutszeugnis für Guttenberg, der sich als "großer Aufklärer" inszeniere.
Unklarer Sachverhalt
Hintergrund für Anordnungen Guttenbergs sind Berichte über Drill und Drangsalierungen junger Soldaten auf der 'Gorch Fock'. Im November 2010 hatte eine 25-jährige Marinesoldatin beim Sturz aus der Takelage des Dreimasters tödliche Verletzungen erlitten. Danach war es zu einer Konfrontation zwischen Offiziersanwärtern und Schiffsführung gekommen - angeblich eine Meuterei. Vor wenigen Tagen hatte Guttenberg den Kapitän Norbert Schatz schließlich seines Postens enthoben.
In vollem Gange sind auch die Ermittlungen um das heimliche Öffnen von Feldpost aus Afghanistan und den Tod eines Bundeswehrsoldaten im Norden Afghanistans. Die Staatsanwaltschaft untersucht, ob der Soldat beim Herumspielen mit geladenen Pistolen durch die Kugel eines Kameraden ums Leben kam.
Autoren: Herbert Peckmann / Michael Wehling (dpa, dapd, rtr, afp)
Redaktion: Hajo Felten