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Gut oder schlecht?

20. Januar 2010

Gut 319 Milliarden Euro will der deutsche Staat 2010 ausgeben. Ohne Kredite wäre er dazu nicht annähernd in der Lage. Dabei können Schulden auch positiv sein, findet Marcel Fürstenau.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Gut 80 Milliarden Euro neue Schulden leistet sich Deutschland in diesem Jahr, die Betonung liegt auf neue. Insgesamt beträgt die Staatsverschuldung nämlich rund 1,66 Billionen Euro - Tendenz stark steigend. Um diese finanzielle Last zu tilgen, müsste jeder Bürger in Deutschland rein statistisch betrachtet rund 20.000 Euro an Banken zurückzahlen.

Der Glaube daran, dass Deutschland jemals schuldenfrei sein wird, darf wohl getrost als Illusion bezeichnet werden. Es kann also nur darum gehen, die Schulden so in den Griff zu bekommen, dass der Staat handlungsfähig bleibt, also investieren kann in so unterschiedliche Bereiche wie Bildung, Infrastruktur oder Sozialpolitik. Um nur einige kostspielige Haushaltsposten zu nennen. Hinter diesen eher abstrakten Begriffen stecken immer auch Menschen - Lehrer, Straßenbauer oder Arbeitslose.

Sparen bedeutet in Wirklichkeit kürzen

Nun streiten sich die Gelehrten und mit ihnen die Parteien seit eh und je darüber, welche Finanz- und Wirtschaftspolitik in Zeiten der Krise die beste sei. Die einen befürworten einen strikten Sparkurs, bei dem es in Wirklichkeit nicht ums Sparen, sondern ums Kürzen geht. Die anderen empfehlen, salopp gesagt, der Staat möge spendabel sein.

Die deutsche Regierung hat sich für die zweite Variante entschieden, weil ihr wirtschaftsliberaler Flügel, die Freie Demokratische Partei, gegen den Rat der meisten Wirtschaftsexperten milliardenschwere Steuer-Senkungen durchgesetzt hat. Nur die FDP selbst scheint zu glauben, dass die Steuer-Erleichterungen für so unterschiedliche Zielgruppen wie Familien, Erben oder die Hotel-Branche einen Konsum-Rausch auslösen werden, der für spürbar höhere Steuer-Einnahmen des Staates sorgen wird.

Völlig ausgeschlossen ist dieses liberale Wunsch-Szenario allerdings auch nicht. Es sei nur daran erinnert, wie unerwartet hoch sich das staatliche Steuer-Aufkommen in den Jahren vor der aktuellen Finanzkrise entwickelt hat - entgegen den Vorhersagen fast aller Experten.

Weg mit der Schuldenbremse!

Problematisch ist auch weniger die Neuverschuldung in diesem Jahr und die Höhe der Gesamtschulden, die sich im internationalen Vergleich sogar noch sehen lassen können. Problematisch ist die in der deutschen Verfassung, dem Grundgesetz, festgeschriebene so genannte Schulden-Bremse: Spätestens im Jahre 2016 muss der Staat einen fast ausgeglichenen Haushalt vorlegen, darf also so gut wie keine neuen Schulden aufnehmen.

Um dieser freiwillig eingegangenen Verpflichtung gerecht zu werden, müssen die staatlichen Ausgaben ab 2011 Jahr für Jahr im hohen zweistelligen Milliarden-Bereich gekürzt werden. Der Protest dagegen wird nicht nur im Parlament zu hören sein, sondern auch auf der Straße. Die Schulden-Bremse könnte schon mittelfristig den gesellschaftlichen Frieden gefährden. Sie muss abgeschafft, mindestens ausgesetzt werden.

Ernst zu nehmende Volkswirtschaftler verweisen darauf, dass große Unternehmen oft nur mit hohen Schulden expandieren. Schulden, die sich langfristig bezahlt machen, weil sie eine Voraussetzung für Wirtschaftswachstum sind. Schulden per se sind also kein Teufelszeug. So paradox es klingen mag: Sie können sogar dazu führen, den Teufelskreis der Verschuldung zu durchbrechen.

Autor: Marcel Fürstenau

Redaktion: Kay-Alexander Scholz