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Gute Aussichten für den Deutschen Buchpreis

Sarah Faupel1. August 2006

Es gibt hunderte von Literaturpreisen in Deutschland - doch einer ragt heraus: Der erst 2005 gegründete Deutsche Buchpreis. Und er soll schon bald mit den ganz Großen der Branche mithalten können.

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Jüngere deutsche Literatur ist nur selten ein Exportschlager. Noch immer herrscht im Ausland die Meinung vor, deutsche Bücher seien schwere Kost. "Das liegt aber nicht an der mangelnden Qualität oder Kreativität der deutschen Autoren", meint Anja zum Hingst, Leiterin der Kommunikation beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels, "sondern vielmehr daran, dass im Ausland kaum einer etwas über die jungen deutschen Autoren weiß." Und wenn sich denn mal einer mit der deutschen Literatur befasse, dann sei die Auswahl so unübersichtlich, dass er frustiert doch wieder zum Altbewährten zurückkehre.

Verkaufsschlager

Deutscher Buchpreis 2005
Preisträger 2005: Arno Geiger mit dem Buch "Es geht uns gut"Bild: picture-alliance/dpa

Genau das will der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit dem im Jahr 2005 gegründeten Deutschen Buchpreis ändern. Er ist mit 37.500 Euro dotiert. Die Erfolgschancen stehen nicht schlecht - die Premiere jedenfalls war ein Erfolg: "Waren es vor der Verleihung 2000 Bücher, stieg der Verkauf des Siegertitels nach der Bekanntgabe innerhalb weniger Wochen auf etwa 200.000 an", erzählt Anja zum Hingst. Zudem hätten die Medien ausführlich über die sonst vernachlässigten Autoren berichtet, die auf der von der Jury herausgegebenen Shortlist standen. Auch die Reaktionen aus dem Ausland seien gut gewesen: "Plötzlich interessierten sich zahlreiche ausländische Verlage für die Lizenzen und die Übersetzung des Buches."

Überall scheint der gute Ruf des Deutschen Buchpreises allerdings noch nicht vorgedrungen zu sein. "Ich habe vom Deutschen Buchpreis bisher noch nichts gehört", sagt Ion Trewin vom Man-Booker-Prize, dem wichtigsten Literaturpreis Großbritanniens. Das ist ausgerechnet der Preis, den sich der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit seinem Deutschen Buchpreis zum Vorbild genommen hat.

Qualitätsmerkmal

Der Man-Booker-Prize wird seit 1969 an englischsprachige Autoren aus Großbritannien, Irland und dem Commonwealth vergeben, wird großflächig vermarktet und vergibt die stolze Summe von 50.000 Pfund. Die Preisverleihung wird jedes Jahr live im Fernsehen übertragen. "Wer den Man-Booker-Prize gewinnt, kann damit rechnen, dass die Auflage seines Buches mindestens um eine Viertelmillion steigt", sagt Ion Trewin. "Auch im Ausland und besonders in den USA, gelten die Man-Booker-Prize-Aufkleber auf den Büchern als Qualitätsmerkmal."

Dasselbe gilt für den Pulitzer-Preis, dem "Oscar" der Buchindustrie. Klebt ein Pulitzer-Aufkleber auf einem Buch, gilt es als so gut wie verkauft. Der wichtigste amerikanische Literaturpreis wird seit 1917 für herausragende journalistische Arbeiten in den USA vergeben - in 21 unterschiedlichen Kategorien. Aus diesem Grund sei für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels ein Vergleich mit dem Pulitzer-Preis hinfällig: "Denn unser Konzept ist, ähnlich dem vom Man-Booker-Prize, ein einziges Buch der nationalen Literatur herauszuheben."

Ruhm, Ehre und moralische Verantwortung

Dieses Konzept verfolgt auch der Prix Goncourt, das französische Pendant zum Man-Booker-Prize. Der 1903 von den Schriftsteller-Brüdern Edmond und Jules de Goncourt gegründete Buchpreis gilt in Frankreich als der wichtigste Literaturpreis und genießt auch im Ausland einen hervorragenden Ruf.

Die Preisträger vom Prix Goncourt profitieren zwar nicht direkt von der Auszeichnung, da er nur mit symbolischen zehn Euro dotiert ist, doch bringt er hohe Auflagenzahlen und Ruhm und Ehre mit sich. Dennoch bedeutet eine solche Literatur-Auszeichnung für Schriftsteller nicht immer automatisch Glücksseeligkeit und ein Sprung auf der Karriereleiter. Der Prix-Goncourt Preisträger von 1972 beispielsweise, Jean Carrière, sah sich der moralischen Verpflichtung, die aus dem Preis hervorgeht, nicht gewachsen und publizierte über 15 Jahre nichts mehr: "Der Prix Goncourt ist das Urbild eines zweischneidigen Schwerts, und die wichtigste Aufgabe eines Schriftstellers, der diese Erfahrung gemacht hat, ist, sie zu vergessen."

Überlebenswichtig

Doch was der ein oder andere Schrifsteller als Hemmschwelle empfindet, ist für den Literaturmarkt von großer Bedeutung. Denn ohne solche bekannten Buchpreise wie dem Man-Booker-Prize, dem Prix Goncourt und demnächst vielleicht auch dem Deutschen Buchpreis würde das internationale Interesse an nationaler Literatur immer weiter abnehmen. Ohne sie würden sich die Verlage noch mehr auf Kassenschlager wie die Bücher von Dan Brown und Joanne K. Rowling fokussieren und besonders junge, nationale Autoren nur noch ein Schattendasein führen.

Deutscher Buchpreis 2006
Die Jury für den Deutschen Buchpreis 2006Bild: Harald Schröder, Frankfurt

Dieser Aufgabe hat sich nun auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels angenommen und präsentiert sich ausgesprochen selbstbewusst: "Unser Ziel ist es, in naher Zukunft in einem Atemzug mit dem Man-Booker-Prize und dem Prix Goncourt genannt zu werden", sagt Anja zum Hingst.