Grüne ziehen vor das Verfassungsgericht
9. Mai 201710 Uhr, Karlsruhe, Sitzungsbeginn der wichtigsten und höchsten Richter Deutschlands. Anlass der zweitägigen Verhandlung sind Klagen von Grünen-Abgeordneten und der Grünen-Fraktion. Sie stellten 2010 Anfragen an die Bundesregierung zur Aufklärung der Bankenkrise sowie Auskunft zur Wirtschaftlichkeit des milliardenschweren Bauprojekts Stuttgart 21 der bundeseigenen Deutschen Bahn AG. Und waren danach, nun, auch nicht viel schlauer.
Die Kläger kritisieren, dass die Bundesregierung die Fragen nicht oder nur unzureichend beantwortet habe. Sie wollen nun per Organklage von den Verfassungsrichtern die "Reichweite" des im Grundgesetz verankerten parlamentarischen Frage- und Informationsrechts geklärt wissen.
"Wir Parlamentarier können nur dann Haushaltsmittel bereitstellen und mit Gesetzen fehlerhafte Entwicklungen korrigieren, wenn wir alle relevanten Informationen darüber bekommen, was eigentlich passiert", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe. "Wenn die Exekutive ihr Herrschaftswissen für sich behält, stochert das Parlament im Nebel herum - und das ist inakzeptabel."
Verschwiegenheitspflichten?
Die Bahn gehört vollständig dem Bund. Konkret wollen die Grünen öffentlich machen, wie es um einige geplante Verkehrsprojekte steht, was aus der Kostenexplosion bei dem Bahnhof Stuttgart 21 wurde und was die Bahn gegen Verspätungen für die Fahrgäste zu tun gedenkt. Das Verkehrsministerium hatte solche Anfragen unter Verweis auf Verschwiegenheitspflichten nur teilweise oder gar nicht beantwortet. Bei den Fragen zur Finanzkrise sah die Bundesregierung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Banken in Gefahr. Indiskretionen könnten einzelne Institute oder sogar die gesamte Wirtschaft in die Krise stürzen.
Deshalb wurden Informationen als vertraulich eingestuft und durften von den Grünen zwar eingesehen, aber nicht öffentlich gemacht werden.
Das ist den Oppositionellen zu wenig. "Wenn diese Bereiche von der parlamentarischen Kontrolle ausgeklammert werden, schafft das große Graubereiche, in denen die Exekutive nach Gutdünken agieren kann, obwohl sie mit enormen Risiken für den Steuerzahler langfristige Entscheidungen trifft", kritisierte von Notz. Seine Fraktion hofft nun auf Rückenwird durch die Verfassungsrichter. Das Urteil dürfte aber einige Monate auf sich warten lassen.
ml/hk (dpa, afp)